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BGH, Urteil vom 06.04.2000, Az.: I ZR 67/98 („Neu in Bielefeld I“)

Zur Reichweite der Haftung des Franchisegebers für wettbewerbswidrige Franchisenehmerwerbung

Leitsatz

Für die wettbewerbswidrige Werbung seines Franchisenehmers haftet der Franchisegeber grundsätzlich nicht auf Schadensersatz; eine möglicherweise in Betracht kommende Störerhaftung kann nur Abwehransprüche begründen.

Die Entscheidung

Der Entscheidung des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin ist ein der Media-Markt/Saturn-Gruppe angehörendes Einzelhandelsunternehmen. Die Beklagte ist Franchisegeberin von etwa 50 Franchisenehmern, darunter der S. Computervertriebsgesellschaft mbH (im folgenden: S. GmbH). Diese vertreibt ebenso wie die Klägerin in Bielefeld Computer und Computerzubehör an Endverbraucher. Am 17. August 1997 verteilte die S. GmbH im Zusammenhang mit ihrem Einzug in ein neu errichtetes Geschäftshaus Handzettel an Bielefelder Haushalte, auf denen sie unter der Überschrift "Neu in Bielefeld" mit dem Hinweis "Verkauf direkt ab LKW – Stück für Stück!" für Computer und Zubehör warb. Einem Teil ihrer sogenannten "pc. Spezialist Preise" stellte sie einen durchgestrichenen "Normalpreis" gegenüber. Die Klägerin hat diese Werbung als wettbewerbswidrig beanstandet und die Beklagte auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch genommen sowie die Feststellung der Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz begehrt. Sie hat beantragt, I. die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verkäufe von Computerartikeln "direkt ab Lkw" anzukündigen und/oder dem Eigenpreis einen gestrichenen Normalpreis gegenüberzustellen, wie dies in der Eröffnungswerbung erfolgt ist, II. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer I benannten Handlungen entstanden ist und noch entsteht, III. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen, wo, wann und wie oft sie seit dem 17. August 1997 in der unter Ziffer I beanstandeten Weise geworben hat, wobei die Auskunft nach Werbemedium, Werbeträgern, Auflage der Werbeträger bzw. Hörerreichweite des Werbemediums und Erscheinungs- bzw. Sendedatum aufzuschlüsseln ist, sowie der Klägerin Auskunft über die im Rahmen der Verkaufsveranstaltung gemäß Ziffer I getätigten Verkäufe zu erteilen, aufgeschlüsselt nach Verkaufstag, Verkaufspreis und Artikel. Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klage sei wegen Mißbrauchs der Klagebefugnis unzulässig, weil bereits die zum selben Konzern wie die Klägerin gehörende Saturn Elektro-Handelsgesellschaft mbH Bielefeld sie wegen derselben Handlung gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen habe. Ferner hat die Beklagte ihre Passivlegitimation in Abrede gestellt, weil es sich um eine nicht von ihr, sondern von ihrer Franchisenehmerin veranlaßte Werbung gehandelt habe. Im übrigen sei die angegriffene Werbung wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Revision hatte Erfolg. Die Klage wurden wegen rechtsmissbräuchlicher Mehrfachverfolgung zurückgewiesen, denn die Klägerin hatte durch zahlreiche Abmahnungen und gesonderte Gerichtsverfahren ihre Ansprüche geltend gemacht, statt diese zu bündeln. Für das Franchiserecht sind folgende Entscheidungsgründe interessant: Wie auch das Berufungsgericht nicht verkannt hat, lässt sich eine Schadensersatzhaftung der Beklagten (=Franchisegeberin) nicht mit § 13 Abs. 4 UWG begründen, weil diese Zurechnungsnorm lediglich den Unterlassungs-, nicht dagegen den Schadensersatzanspruch betrifft. b) Für die vom Berufungsgericht angenommene Eigenhaftung der Beklagten fehlt die rechtliche Grundlage. Denn es geht im Streitfall nicht um ein Verhalten der Beklagten, sondern um die Werbung eines mit ihr in Geschäftsbeziehungen stehenden Unternehmens, der S. GmbH. Die Beklagte kann für das Verhalten eines Dritten – von der Möglichkeit der Störerhaftung abgesehen – allein dann verantwortlich gemacht werden, wenn es sich bei der beanstandeten Werbung auch um einen von ihr begangenen Wettbewerbsverstoß handelt. Da die Beklagte selbst die fragliche Werbung nicht veranlasst hat, käme nur ein durch Unterlassen begangener Verstoß in Betracht. Dann müsste die Beklagte hinsichtlich des Werbeverhaltens der S. GmbH (=Franchisenehmerin) eine Erfolgsabwendungspflicht treffen, die sich beispielsweise aus Gesetz oder aus vorangegangenem gefährdenden Tun ergeben könnte… Worauf im Streitfall eine solche Rechtspflicht beruhen soll, ist nicht ersichtlich. Sie kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht daraus abgeleitet werden, daß die Beklagte der S. GmbH "good will" überlassen habe (wozu im übrigen nichts Näheres festgestellt ist). Eine derart weitreichende Rechtspflicht, ein wettbewerbswidriges Verhalten eines Vertragspartners abzuwenden, besteht nicht. … Geringere Anforderungen stellt insofern nur die Störerhaftung. … Sie vermittelt jedoch lediglich Abwehr- und keine Schadensersatzansprüche (vgl. BGH, Urt. v. 12.6.1997 – I ZR 36/95, GRUR 1998, 167, 168 f. = WRP 1998, 48 – Restaurantführer) und kann daher ebenfalls nicht zur Begründung einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten herangezogen werden. Kommt ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht in Betracht, erweist sich auch der geltend gemachte Auskunftsanspruch als unbegründet.

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