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BGH, Urteil vom 11.11.2008, Az.: KVR 17/08 („Praktiker“)

Keine unbillige Benachteiligung bei 100prozentiger Bezugsbindung und Einbehalt von Einkaufsvorteilen

Leitsatz

Leitsätze des Gerichts:

1. Eine Verpflichtung von Franchisenehmern, die sortimentstypische Ware allein vom Franchisegeber zu beziehen, ist im Regelfall keine unbillige Behinderung i. S. des § 20 Abs. 1 GWB.

2. Franchisenehmer werden auch nicht dadurch unbillig behindert, dass der Franchisegeber, der ihnen gegenüber als Großhändler auftritt, nach dem Inhalt der Franchiseverträge nicht verpflichtet ist, Rabatte, Boni, Rückvergütungen und ähnliche Einkaufsvorteile, die ihm von seinen Lieferanten gewährt werden, in vollem Umfang an die Franchisenehmer weiterzugeben.

3. Auch die Kombination einer hundertprozentigen Bezugsbindung mit einer nicht vollständigen Weitergabe von Einkaufsvorteilen ist grundsätzlich keine unbillige Behinderung.

Zum Sachverhalt

Ausgangspunkt des Verfahrens war ein Beschluß des Bundeskartellamtes vom 8. Mai 2006. Das Bundeskartellamt hatte als Verwaltungsbehörde die Nichtweitergabe der Einkaufsvorteile als „unbillige Behinderung abhängiger Unternehmen" nach § 20 Abs. 1 GWB verboten.

Die Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte AG führt ein eigenes Filialnetz von Baumärkten(Regiebetriebe). Über eine Tochtergesellschaft, die Praktiker Baumärkte GmbH, tritt sie als Franchisegeber auf und hat den Franchisenehmern eine fast 100%-ige Bezugsbindung auferlegt. Alle Waren müssen entweder vom Franchisegeber oder bei von dem Franchisegeber gelisteten Lieferanten bestellt werden. Nur diejenigen Produkte, die nicht im Sortiment vorhanden sind dürfen von Fremdlieferanten bezogen werden. Ein elektronisches Warenwirtschaftssystem ermöglicht dem Franchisegeber die Kontrolle. Die Franchisenehmer unterliegen somit einer tatsächlichen Bezugsbindung von rund 98,5% des Gesamteinkaufsvolumens. Die Franchisenehmer zahlen teils Einkaufspreise, die über den Einzelhandels-Verkaufspreisen der eigenen Filialen von Praktiker lagen. Endkunden konnten also teilweise günstiger in Praktiker-Filialen kaufen als die Franchisenehmer die Waren im Einkauf zahlten. Die Franchisenehmer verkauften damit teilweise Waren unter dem Einkaufspreis, auch um die Preise aus zentralgesteuerter Werbung den Kunden bieten zu können.

Einkaufsvorteile werden von der Praktiker Bau- und Heimwerkermärkte AG ausgehandelt. Dabei handelt es sich um Rabattierungen sowie um Rückvergütungen und Boni. Diese Einkaufsvorteile werden an die Franchisenehmer mittelbar nur zu einem kleinen Teil weiter geleitet, insbesondere bei besonderer Befolgung der Verkaufspreisvorgaben des Franchisegebers.

Das Bundeskartellamt hatte eine Verbotsverfügung gegen den Franchisegeber erlassen und festgestellt, dass Praktiker einzelne Franchisenehmer des Praktiker- Franchisesystems unbillig behindert habe, soweit sie diesen Franchisenehmern eine hundertprozentige Bezugspflicht bezüglich des systemtypischen Warensortiments auferlegt und zugleich die erzielten Einkaufsvorteile, die bei Lieferungen für Franchisenehmer bei Praktiker oder verbundenen Unternehmen angefallen seien, nicht an die jeweiligen Franchisenehmer weitergeleitet habe; diese Verhaltensweise verstoße in ihrer Kombination gegen § 20 Abs. 1 i. V. mit Abs. 2 GWB.

Gegen den Beschluss des Bundeskartellamtes hatte die Franchisegebergesellschaft Beschwerde beim OLG Düsseldorf eingelegt und hatte dort obsiegt (Beschluß vom 16.01.2008, Az.: VI-Kart 11/06). Der Kartellsenat des OLG Düsseldorf hat dem Franchisegeber recht gegeben und den Beschluss des Bundeskartellamts aufgehoben.

Gegen diesen Beschluß des OLG Düsseldorf legten die Franchisenehmer Rechtsbeschwerde zum BGH ein. Die Rechtsbeschwerde wurde vom Kartellsenat zurückgewiesen.

Die Entscheidung

In der Begründung des Beschlusses des BGH heißt es:

Für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist als richtig zu unterstellen, dass Praktiker Normadressatin des § 20 Abs. 2 Satz 1 GWB ist. Ohne Rechtsfehler hat das Beschwerdegericht angenommen, dass sowohl die Verpflichtung gemäß § 6 des Franchisevertrages, das systemtypische Warensortiment - soweit angeboten - zu 100 % von Praktiker zu beziehen, als auch die Nichtweitergabe von Einkaufsvorteilen (sog. kick-backs) an Bau und Hobby Behinderungen i. S. des § 20 Abs. 1 GWB darstellen.

Diese Behinderungen waren aber nicht unbillig i. S. der Norm.

a) Bei dem Merkmal der Unbilligkeit kommt es auf eine umfassende Abwägung aller beteiligten Interessen im Einzelfall an. Am Maßstab der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Funktion des Gesetzes ist zu prüfen, ob die Handlungsfreiheit des betroffenen Unternehmens unangemessen eingeschränkt und dadurch die Interessen des behindernden Unternehmens in rechtlich zu missbilligender Weise auf Kosten des betroffenen Unternehmens verwirklicht werden sollen (BGHZ 38, 90, 102…). Ob eine Unbilligkeit i. S. des § 20 GWB - wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint - zwingend ausscheidet, wenn das zu beurteilende Verhalten durch eine Gruppenfreistellungsverordnung von dem Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG freigestellt ist, kann offenbleiben. Jedenfalls ist die Wertung des Gemeinschaftsrechts in die Abwägung nach § 20 Abs. 1 GWB einzubeziehen (BGH, Urt. v. 4. 11. 2003 –KZR 2/02, WuW/ E DE-R 1203, 1205 - Depotkosmetik im Internet; Markert in Immenga/ Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 20 Rdn. 147; Schultz in Langen/ Bunte, Kartellrecht, 10. Aufl., § 20 GWB Rdn. 138).

b) Danach ist die Alleinbezugspflicht von Bau und Hobby nach § 6 Abs. 1 des Franchisevertrages nicht unbillig i. S. des § 20 Abs. 1 GWB, ohne dass es auf die Befugnis nach § 6 Abs. 2 ankäme, "lokale Spezialitäten" und sonstige von Praktiker nicht angebotene Artikel unter bestimmten Voraussetzungen anderweitig zu beziehen.

Ob die Alleinbezugspflicht eine Wettbewerbsbeschränkung i. S. des Art. 81 Abs. 1 EG darstellt, kann offenbleiben (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 28. 1. 1986 - 161/ 84, WuW/ E EWG/ MUV 693 Tz. 14 ff. - Pronuptia). Jedenfalls ist sie gemäß Art. 2 VO Nr. 2790/ 1999 vom Verbot des Art.81 Abs. 1 EG freigestellt. Der Vertrag fiele gegebenenfalls als vertikale wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 2790/ 1999. Er enthält keine Klausel, die nach Art. 4 einer Freistellung entgegenstünde. Insbesondere ist Art. 4 lit. d nicht einschlägig. Danach gilt die Freistellung nicht für Vereinbarungen, die eine Beschränkung von Querlieferungen zwischen Händlern innerhalb eines selektiven Vertriebssystems bezwecken. Das duale Absatzsystem von Praktiker - einerseits Verkauf durch eigene Regiebetriebe, andererseits Absatz über das Franchisesystem - ist kein selektives Vertriebssystem i. S. des Art. 1 lit. d VO Nr. 2790/ 1999. Danach fallen unter diesen Begriff Vertriebssysteme, in denen sich der Lieferant verpflichtet, die Vertragswaren nur an Händler zu verkaufen, die aufgrund festgelegter Merkmale ausgewählt werden, und in denen sich diese Händler verpflichten, die betreffenden Waren nicht an Händler zu verkaufen, die nicht zum Vertrieb zugelassen sind. Weder war Praktiker verpflichtet, nur an seine Franchisenehmer zu liefern, noch war es diesen verboten, die Ware an andere, nicht zu dem Franchisesystem gehörende Händler weiterzuverkaufen. Sie wurden wegen der Bezugsbindung auch der anderen Franchisenehmer lediglich daran gehindert, diese zu beliefern. Die Freistellung scheitert auch nicht an Art. 5 lit. a VO Nr. 2790/ 1999.

Das in der ausschließlichen Bezugsbindung gegebenenfalls liegende Wettbewerbsverbot ist nicht für einen längeren Zeitraum als fünf Jahre vereinbart worden.

Verstößt damit die Vereinbarung einer Bezugsbindung nicht gegen Gemeinschaftsrecht, sind auch im Übrigen - unbeschadet der Frage, ob das innerstaatliche Recht gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 2 VO (EG) Nr. 1/ 2003 strengere Anforderung stellen darf als das Gemeinschaftsrecht - keine Gründe ersichtlich, warum in der Bezugsbindung eine unbillige Behinderung i. S. des § 20 Abs. 1 GWB liegen sollte. Die Bezugsbindung diente nach dem Wortlaut des Vertrages dem Zweck, die Einheitlichkeit der Qualität des "TopBau-Center" -Angebots zu gewährleisten. Der Erfolg eines Vertriebsfranchisesystems beruht wesentlich darauf, dass Identität und Ansehen der Vertriebsorganisation gewahrt werden; denn nur so kann der einzelne Franchisenehmer daraus einen Gewinn ziehen (EuGH WuW/ E EWG/ MUV 693 Tz. 15 ff. - Pronuptia). Dazu bedarf es der Sicherstellung eines einheitlichen Qualitätsstandards durch den Franchisegeber.

Angesichts des Umfangs des Gesamtsortiments - ca. 40. 000 Artikel - reichte dafür eine bloße Kontrolle in den einzelnen Geschäftslokalen nicht aus, auch wenn der Einkauf sämtlicher Artikel in dem von Praktiker vorgegebenen Warenwirtschaftssystem erfasst wurde.

Offenbleiben kann, ob die Vereinbarung der Bezugsbindung eine wettbewerbsbeschränkende Abrede i. S. des § 1 GWB darstellt (vgl. Zimmer in Immenga/ Mestmäcker aaO § 1 GWB Rdn. 367). Jedenfalls wäre sie gemäß § 2 Abs. 2 GWB aufgrund der VO Nr. 2790/ 1999 vom Verbot des § 1 GWB freigestellt.

Auch der Umstand, dass die von Praktiker und den mit ihr verbundenen Konzernunternehmen erzielten Einkaufsvorteile nicht vollständig weitergegeben worden sind, begründet keine Unbilligkeit i. S. von § 20 Abs. 1 GWB.

Der Senat hat in seiner Entscheidung "Preisbindung durch Franchisegeber I" ausgeführt, dass in einem Franchisesystem keine gesetzliche Pflicht des Franchisegebers besteht, die von ihm ausgehandelten Einkaufsvorteile in vollem Umfang an die Franchisenehmer - gegebenenfalls anteilig neben den Regiebetrieben - herauszugeben (BGH, Urt. v. 2. 2. 1999 - KZR 11/ 97, NJW 1999, 2671, 2675 f., insoweit in BGHZ 140, 342 und WuW/ E DE-R 264 nicht abgedruckt; offengelassen in BGH, Urt. v. 20. 5. 2003 - KZR 19/ 02, NJW-RR 2003, 1635, 1637 - Apollo-Optik). Er hat diese Pflicht lediglich im Einzelfall den Regelungen des jeweiligen Franchisevertrages entnommen (BGH NJW-RR 2003, 1635, 1637 - Apollo-Optik; Urt. v. 20. 5. 2003 - KZR 27/ 02, WuW/ E DE-R 1170, 1172 - Preisbindung durch Franchisegeber II; ebenso BGH, Urt. v. 22. 2. 2006 - VIII ZR 40/ 04, NJW-RR 2006, 776, 778 - Hertz). Bei dieser Vertragsauslegung hat der Senat darauf abgestellt, dass für die Erreichbarkeit optimaler Geschäftserfolge des Franchisenehmers im Wettbewerb mit konkurrierenden Anbietern auch und insbesondere günstige Einkaufsbedingungen von ausschlaggebender Bedeutung sind. Dem sind allerdings die Interessen des Franchisegebers gegenüberzustellen. Je nach Ausgestaltung der Franchiseverträge hat auch er ein berechtigtes Interesse, einen Teil der Einkaufsvorteile behalten zu dürfen, um damit zusätzliche von ihm zu erbringende Leistungen vergütet zu erhalten. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn er - wie üblich bei Vertriebsfranchiseverträgen - die Funktion eines Großhändlers übernimmt. In diesem Fall macht er mit der Einbehaltung eines Teils der Einkaufsvorteile von seinem Recht zur freien Preisbildung Gebrauch (vgl. BGH, Urt. v. 12. 11. 1991 - KZR 2/ 90, WuW/ E 2755, 2758 f. - Aktionsbeträge; Urt. v. 26. 5. 1987 - KZR 13/ 85, WuW/ E 2399, 2404 - Krankentransporte).

Nach diesen Grundsätzen hat das Beschwerdegericht zu Recht angenommen, dass die nicht vollständige Weitergabe der Einkaufsvorteile nicht unbillig i. S. des § 20 Abs. 1 GWB ist.

Dazu hat es zutreffend angenommen, dass die einzelnen, die Rahmenverträge ausfüllenden Kaufverträge einerseits zwischen den Lieferanten und Praktiker und andererseits zwischen Praktiker und Bau und Hobby geschlossen wurden. Die Rechtsbeschwerde greift das ohne Erfolg an. Bereits der Wortlaut des Franchisevertrages spricht dafür, dass Praktiker selbst als Verkäuferin auftritt. So heißt es in § 6 des Vertrages, der Franchisenehmer verpflichte sich, das systemtypische Warensortiment "nur vom Franchisegeber" zu beziehen. Auch die Umstände, dass ein Eigentumsvorbehalt zugunsten von Praktiker vereinbart ist und die Lieferantenrechnungen an Praktiker gerichtet sind, sprechen für deren Stellung als Großhändler. Unter diesen Umständen erscheint es nicht unbillig, dass Praktiker einen Teil der Einkaufsvorteile als Vergütung für diese Tätigkeit einbehält. Sie hat neben dem Koordinierungsaufwand und der Abwicklung des Zahlungsverkehrs durch das von ihr beauftragte Konzernunternehmen insbesondere das Risiko von Insolvenzen der Franchisenehmer zu tragen, das - wie das Beschwerdegericht zutreffend angenommen hat - durch den Eigentumsvorbehalt nicht vollständig abgedeckt ist. Auch ist sie den Franchisenehmern gegenüber gewährleistungspflichtig. Ob die Höhe der einbehaltenen Vorteile angemessen ist, hat das Beschwerdegericht zu Recht offengelassen. Das Bundeskartellamt hat nämlich bei seiner Feststellung nicht nach der Höhe der einbehaltenen Vorteile differenziert. Deshalb kommt es auf die insoweit erhobene Verfahrensrüge der Rechtsbeschwerde nicht an. Jedenfalls hat das Beschwerdegericht ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die Großhändlermarge nicht schon durch die Franchisegebühr abgedeckt war.

Dass Praktiker auf diese Weise den eigenen Regiebetrieben möglicherweise günstigere Einkaufspreise eingeräumt hat als den konzernfremden Franchisenehmern, begründet ebenfalls keine Unbilligkeit (vgl. BGH, Beschl. v. 29. 6. 1982 - KVR 5/ 81, WuW/ E 1947, 1949 - Stuttgarter Wochenblatt, zu § 26 Abs. 2 GWB a. F.). Denn niemand ist verpflichtet, zu seinen Lasten fremden Wettbewerb zu fördern (BGH WuW/ E 2755, 2758 - Aktionsbeträge).

Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Einkaufsvorteile ganz überwiegend auf der Nachfragemacht der Regiebetriebe von Praktiker beruhen.

Das von den Franchisenehmern nachgefragte Einkaufsvolumen macht nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts weniger als 1, 5 % des Gesamtumsatzes aus.

Waren somit weder die Vereinbarung einer Alleinbezugspflicht noch die nicht vollständige Weitergabe der Einkaufsvorteile unbillig i. S. des § 20 Abs. 1 GWB, gilt dasselbe auch für die Kombination dieser beiden Elemente des Vertragsverhältnisses.

Ohne Erfolg macht das Bundeskartellamt geltend, bei einer derartigen Vertragsgestaltung habe es der Franchisegeber in der Hand, seine Lieferanten zu einer Erhöhung der Einkaufsvorteile bei gleichzeitiger Erhöhung der Verkaufspreise zu bewegen und dadurch die Gewichte zu seinen Gunsten zu verschieben, ohne dass die Franchisenehmer dies erkennen, geschweige denn sich dagegen wehren könnten. Zum einen bestünde diese Gefahr auch dann, wenn die Franchisenehmer keiner hundertprozentigen Bezugsbindung unterworfen wären. Dann könnten sie zwar Vertragsbeziehungen zu den Lieferanten begründen, erführen dadurch aber nicht, welche Einkaufsvorteile Praktiker aufgrund seiner ungleich größeren Nachfragemacht erhält. Zum anderen kann ein an sich zulässiges Verhalten nicht allein deshalb unzulässig sein, weil im Einzelfall die Gefahr besteht, dass es dabei zu einem Missbrauch kommt. Das Berufungsgericht hat keine Tatsachen festgestellt, die dafür sprächen, dass Praktiker tatsächlich die Preise in der vom Bundeskartellamt dargestellten Weise manipuliert. Im Gegenteil entspricht es auch dem Interesse von Praktiker, dass die Franchisenehmer ihre Waren zu günstigen Einkaufspreisen beziehen und damit ihren Umsatz im Wettbewerb mit anderen Baumärkten steigern können.

Denn dadurch erhöhen sich die umsatzabhängige Franchisegebühr sowie die von Praktiker einbehaltenen Einkaufsvorteile. Einer Benachteiligung nur einzelner Franchisenehmer - wie es das Bundeskartellamt in der mündlichen Verhandlung für möglich gehalten hat -, etwa um in der Folge einen besonders lukrativen Standort selbst übernehmen zu können, würde das Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1, 2 GWB entgegenstehen.

Fazit

Anmerkung der Redaktion:

Die Entscheidung ist keine zivilrechtliche Entscheidung, sondern eiene Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses einer Verwaltungsbehörde (Bundeskartellamt) .Die zivilrechtlichen Folgen können für Franchisegeber abweichen. Insbesondere handelt es sich aber um eine Entscheidung, bei der aus der Begründung deutlich wird, das sie sich am speziellen Einzelfall orientiert.

Die Entscheidung ist kein Freifahrtsschein für Franchisegeber, eine 100-prozentige Bezugsbindung in Franchiseverträgen zu verankern. Jede Verallgemeinerung der Entscheidung verbietet sich. Jedes Franchisesystem muss konkret analysiert werden, um die Rechtmäßigkeit von einer Bezugsbindung von mehr als 80 Prozent beurteilen zu können.

Es mag zwar keine unbillige Behinderung im Sinne von § 20 Abs. 1 GWB vorliegen, wenn eine Bezugsbindung von mehr als 80 Prozent vereinbart wird, ob diese jedoch vertragsrechtliche Risiken für Franchisegeber in sich birgt ist damit nicht gesagt.

Es darf nicht übersehen werden, dass die Dauer des Franchisevertrages in dem entschiedenen Fall nur fünf Jahre betrug. Viele Franchisegeber wählen jedoch längere Laufzeiten.

Dieser Beschluss wird häufig falsch verstanden. Es ist klar nachvollziehbar, dass die Alleinbezugsverpflictung nur deshalb als zulässig angesehen wurde, weil mehr als 40.000 Verkaufs-Artikel vom Franchisegeber hinsichtlich der Qualität anders nicht zu sichern sind. Diese Argumentation ist auf andere Franchisesyteme daher kaum übertragbar.

Der Beschluß des BGH ist hinsichtlich der Argumentation zu kritisieren, dass zwei zulässige Vertragsklauseln zusammen betrachtet keine unbillige Behinderung darstellen könnten, wenn beide Klauseln isoliert unbedenklich seien. Im Zivilrecht gilt seit jeher der Grundsatz, dass die Kombination von Klauseln in einem Vertrag, die allein betrachtet noch zulässig sind, gegen AGB-Recht verstoßen können oder den Grad der Sittenwidrigkeit erreichen.

Es bleibt abzuwarten, was an EuGH-Entscheidungen zum Franchiserecht im nächsten Jahrzehnt kommen wird. Für Franchisegeber bleibt die Situation schwierig, die Risiken lassen sich jedoch durch fundierte Beratung und individuelle Vertragsgestaltung beherrschen.

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