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Kammergericht (Berlin), Urteil vom 25.10.2002, Az.: 7 U 240/01

Verletzung des Gebietsschutzes durch Internetvertrieb des Franchisegebers - Zur Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung des Franchisenehmers

Zum Sachverhalt

Das Kammergericht Berlin hatte über die Berufung eines Franchisegebers zu entscheiden, der das Urteil des Landgerichts Berlin anfocht. Das Landgericht hatte entschieden, dass ein Franchisenehmer den Franchisevertrag fristlos kündigen kann, wenn der Franchisegeber gleiche Waren übers Internet an Endkunden vertreibt. Der Franchisenehmer hatte die fristlose Kündigung des Franchisevertrages erklärt, gegen die der Franchisegeber mittels einer Feststellungsklage vergeblich versuchte vorzugehen.

Die Entscheidung

Wörtlich heißt es in den Entscheidungsgründen: Die Feststellungsklage ist unbegründet, denn das Landgericht ist mit zutreffender Begründung ... zum Ergebnis gelangt, dass der zwischen den Parteien geschlossene Franchisevertrag durch die fristlose Kündigung des Beklagten wirksam vorzeitig beendet worden ist. Die Klägerin verstößt mit dem von ihr unstreitig betriebenen Internet-Direkthandel gegen die in Art. 14 Abs. 1 des Vertrages vereinbarte Gebietsschutzklausel, die zu den wesentlichen Vertragspflichten gehört. Der Beklagte war gemäß Art. 16 des Vertrages berechtigt, nach den beiden von der Klägerin zurückgewiesenen Abmahnungen die fristlose Kündigung zu erklären. ... Es kann dahinstehen, ob die Homepage der Klägerin bisher von Nutzern aus dem geschützten Gewerbebereich des Beklagten genutzt wurde. ... Es ist letztlich aber nicht ausgeschlossen, dass auch Kunden aus dem geschützten Vertriebsgebiet des Beklagten das Angebot der Klägerin nutzen. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass es keine Möglichkeit gibt, das Gebiet zu sperren und sie lehnt es auch ersichtlich ab, diese Kunden gegebenenfalls nicht zu beliefern. Das Wettbewerbsverbot hat vorbeugenden Charakter und für das Kündigungsrecht ist es ohne Bedeutung, ob der Verstoß hiergegen schon zu einem konkreten Schaden geführt hat. Die Verletzung dieses Verbots durch die Klägerin liegt hier bereits darin, dass sie über das Internet Kunden aus dem Bezirk K. die Möglichkeit eröffnet, an dem Geschäft des Beklagten vorbei die Artikel zu beziehen, die nach dem Franchisevertrag ausschließlich zum Kauf angeboten werden sollen. Die Klägerin hat mit dem Internethandel zugleich auch gegen Ziffer IV 1 der Franchisegeschäftsordnung verstoßen, die ausdrücklich vorsieht, dass hausinterne Konkurrenz unerwünscht ist. Dem Beklagten ist es nicht zumutbar, die betriebswirtschaftliche Entwicklung der Dinge abzuwarten oder hinzunehmen. Eine Abgrenzung zwischen unbedeutender und bedeutender Beeinträchtigung ist kaum möglich und vom Beklagten auch im Einzelfall kaum überprüfbar. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Bedeutung dieses Geschäfts bisher ausgesprochen gering ist. ... Es kann entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Handel dem Franchiseverhältnis der Parteien dient, sondern eher im Erfolgsfall die Überflüssigkeit des Franchisenehmers zur Folge hat. .. Der Beklagte wendet zu Recht ein, dass die Kunden dann bei seinem mit dem Namen der Klägerin geführten Betrieb die gleichen Preise erwarten. Man kann fast täglich in den Medien Berichte verfolgen, wie durch Preisvergleiche im Internet Händlerpreise gedrückt werden. Dies ist im Prinzip aus Verbrauchersicht nicht unbedingt etwas Negatvies. Anders ist aber die Situation des Händlers, wenn der Preisdruck durch den eigenen Vertragspartner aufgebaut wird, der gerade in seinen eigenen Geschäftsbedingungen die hausinterne Konkurrenz als unerwünscht bezeichnet. Dass der Beklagte möglicherweise wegen der erheblichen Franchisegebühren von immerhin zusammen 8 % seines gesamten Bruttoumsatzes zzgl. MwSt. nicht oder nicht immer die gleichen Preise wie die Klägerin selbst nehmen kann, aufgrund dieser Situation aber gezwungen sein kann, sich dem zu beugen, um potentielle Kunden nicht zu verprellen, dürfte auf der Hand liegen. ... Der Beklagte musste die Geschäftstätigkeit der Klägerin nach alledem nicht hinnehmen und durfte die fristlose Kündigung aussprechen. Es mag sein, dass die Kündigung ... stets "ultima ratio" ist. Wenn aber wie hier die eine Vertragspartei gegen ihre wesentlichen Vertragspflichten verstößt und es trotz zweier Abmahnungen ausdrücklich ablehnt, dieses Verhalten zu ändern, dann muss der Beklagte [...] sich nicht mit von ihm kauf überprüfbaren Ausgleichsansprüchen begrüngen oder sich auf - ebenso schwierig nachzuweisende - zukünftige Schadenersatzansprüche verweisen lassen, sondern kann das Vertragsverhältnis fristlos lösen. ... Der Beklagte musste angesichts der Zurückweisung seiner Abmahnungen kündigen, wenn er seine Rechte aufgrund dieses Vertragsverstoßes nicht gefährden wollte. ... Anlaß für die Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO sieht der Senat nicht.

Fazit

Rechtsanwalt Dr. Prasse hat dieses juristische Problem bereits im Jahr 2001 in einer Abhandlung in DFV-KurzInfo, Heft 5, Seite 16 ff., behandelt. Die Entscheidung des Kammergerichts ist inhaltlich nicht angreifbar. Franchisegeber sollten sich bei der Vertragsgestaltung und der Organisation ihres Franchisesystem frühzeitig beraten lassen, wenn sie sich andere Absatzkanäle vorbehalten wollen.

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