LG Baden-Baden, Urteil vom 18.06.2013, Az.: VII ZR 268/11 „Avanti“
Leitsatz
Leitsätze der Redaktion:
1. Ein Franchisegeber kann sich für eine außerordentliche Kündigung gegenüber einem Franchisenehmer nicht darauf stützen, dass ein Dritter mit dem Franchisenehmer nicht mehr zusammenarbeiten möchte, sofern kein wichtiger Kündigungsgrund gegeben ist.
2. Das Erfordernis eines wichtigen Grundes kann auch nicht durch die Aufnahme eines Kündigungskatalogs in den Franchisevertrag aufgehoben werden.Entsprechende Klauseln sind nach § 307 BGB unwirksam.
3. Im Falle einer unberechtigten Kündigung muss der Franchisegeber dem Franchisenehmer Schadensersatz leisten.
Zum Sachverhalt
Der Kläger war Franchisenehmer im System der Beklagten. Er betrieb bei Dritten, welche einen Vertrag mit der Beklagten (=Franchisegeberin) schlossen, eine Betriebskantine. Hierfür erhielt der Kläger ein Festvergütung und einen variablen Vergütungsanteil ausgehend von dem erwirtschafteten Umsatz. In § 17 des Franchisevertrags haben die Parteien geregelt, dass der Vertrag mit einer Frist von sechs Monaten zum jeweiligen Monatsende gekündigt werden könne, das Recht zur fristlosen Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund jedoch unberührt bleibe. Im Folgenden haben die Parteien in § 17 verschiedene wichtige Gründe aufgeführt, wegen derer das Vertragsverhältnis gekündigt werden könne. Unter § 17 f wurde als wichtiger Kündigungsgrund auch genannt, dass „der Auftraggeber eine weitere Zusammenarbeit mit dem Systempartner ablehnt“. Der Begriff „Auftraggeber“ bezieht sich hierbei auf den Betrieb, in dem die Betriebskantine steht und vom Kläger betrieben wird. Der „Systempartner“ ist in im vorliegenden Fall der Kläger. Die Beklagte kündigte Ende Februar das Franchiseverhältnis fristlos. Der Kläger erhob Klage auf Schadensersatz wegen der entgangenen Vergütung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist.
Die Entscheidung
Das Landgericht Baden-Baden gab der Klage des Klägers statt.
Aus den Gründen: „Die Kündigung der Beklagten vom … ist als fristlose Kündigung wegen Fehlens eines wichtigen Grundes unwirksam. Die Beklagte kann ihre Kündigung nicht auf § 17 f des Systempartnervertrages stützen, wonach die Kündigung aus wichtigem Grund dann möglich sein soll, wenn der Auftraggeber eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger ablehnt. Denn die entsprechende Vertragsklausel stellt eine unangemessene Benachteiligung des Klägers im Sinne des § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB dar, da sie den Kläger als Vertragspartner der Beklagten unangemessen benachteiligt. Es entspricht der Natur des Franchiseverhältnisses, das von besonderen Treuepflichten geprägt ist, dass eine fristlose Kündigung nur aus ganz besonders schwerwiegenden Gründen ausgesprochen werden kann, wofür grundsätzlich nicht das Ablehnungsrecht eines Dritten im Hinblick auf eine weitere Zusammenarbeit mit dem Franchisenehmer genügt. Die Zuverlässigkeit des entsprechenden Kündigungsgrundes in § 17 f des Systempartnervertrages liefe im Wesentlichen auf ein vereinfachtes Kündigungsrecht hinaus, welches dem gesetzlichen Leitbild einer fristlosen Kündigung, wie es beispielsweise im Dienst- und Arbeitsvertragsrecht in § 626 BGB niedergelegt ist, deutlich widerspricht. Die bloße, vom Auftraggeber nach der Regelung in § 17 f des Systempartnervertrages nicht näher zu begründende Ablehnung der weiteren Zusammenarbeit mit dem Systempartner, im Streitfall mit dem Kläger, eröffnet der Beklagten die Möglichkeit in einer vereinfachten, ein Fehlverhalten des Klägers nicht erfordernden und ohne das Erfordernis, dass die Ablehnung der weiteren Zusammenarbeit seitens der Auftraggebers näher begründen werden müsste, Weise, sich vom Systempartnervertrag zu lösen, was angesichts der vom Kläger mit dem Vertrag übernommenen wirtschaftlichen Risiken eine unangemessene Benachteiligung des Klägers darstellt.“ …
Fazit
In diesem von der Dr. Prasse & Kollegen erstrittenen Urteil stellt das Landgericht klar, dass es für eine fristlose Kündigung auf einen wichtigen Grund ankommt. Da in diesem Fall kein Fehlverhalten des Franchisenehmers vorlag, konnte sich die Franchisegeberin nicht auf eine Ablehnung durch einen Dritten zurückziehen. Es ist der Franchisegeberin somit nicht gestattet ein etwaiges Ausfallrisiko ihres Auftraggebers auf den Franchisenehmer abzuwälzen. Der zwischen dem Franchisenehmer und Franchisegeber vorhandene erhöhte Vertrauensschutz wiegt schwerer. Die oftmals in Franchiseverträgen explizit aufgeführten Kündigungsgründe müssen mithin einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Eine Titulierung als „wichtiger Kündigungsgrund“ reicht nicht aus.
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