LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 11.07.2012, Az.: 3 O 8557/11 „SUBWAY“
Leitsatz
Leitsätze der Redaktion
1. Enthält ein Franchisevertrag eine Gerichtsstandsklausel, wonach bei Unwirksamkeit der Schiedsklausel der Rechtsstreit vor dem örtlich zuständigen staatlichen Gericht durchgeführt werden soll und das örtliche Recht angewendet werden soll, so gilt dies insbesondere auch für das materielle Recht.
2. Wird die Widerrufsbelehrung zusammen mit einem Franchisevertrag vom Franchisenehmer unterschrieben und wird beides zwecks Gegenzeichung wieder von dem Franchisegeber an sich genommen, so beginnt eine Widerrufsfrist nicht zu laufen, wenn der Franchisenehmer die Widerrufsbelehrung nicht zurück erhält. Ist letzteres nicht der Fall, kann der Widerruf auch noch nach Jahren wirksam erfolgen.
3. Ein Widerruf des Franchisevertrages nach Jahren ist nicht rechtsmißbräuchlich.
4. Für einen Anspruch auf Wertersatz für die Nutzung der Franchise ist der Franchisegeber darlegungs- und beweisverpflichtet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gewinnanteil an der Franchisegebühr nicht von der Wertersatzpflicht umfasst ist.
Zum Sachverhalt
Die Klägerin ist Franchisegebergesellschaft betreibt in Deutschland das Franchisesystem Subway Sandwiches. Die Beklagte ist ehemalige Franchisenehmerin, ihr wurde wegen NIchtzahlung der Franchisegebühren gekündigt. Die Franchisegeberin klagte rückständige Werbegebühren in Höhe knapp 19.000,- Euro ein. Mit Datum vom 14.07.2006 schlossen die Parteien einen Franchisevertrag.
Der Vertrag enthält folgende Regelungen:
"2. Laufende Zahlungen. Sie zahlen uns wöchentlich eine laufende Gebühr von 8 % des Bruttoumsatzes des Restaurants und jedes Restaurants, das Sie während der Laufzeit dieses Vertrages betreiben, mit Ausnahme der in Absatz 5.b. aufgeführten Bestimmungen. "Bruttoumsatz" bedeutet der gesamte Umsatz bzw. alle Erträge, einschließlich Catering und Belieferung, aus ihrem Geschäftsbetrieb ausschließlich allgemeiner Umsatzsteuer (wie n Absatz 5 c definiert). (...)
5.i. Sie zahlen uns 3 1/2 % Ihrer Bruttoumsätze des Restaurants auf wöchentlicher Basis ein, bis diie Franchisenehmer auf in Ihrem Land einer daueraften Erhöhung des Werbeprozentsatzes auf 4 1/2 % mit 2/3 Mehrheit auf der Basis von einer Stimme je in Betrieb befindlichen Restaurants zustimmen. Dieser Betrag wird in einem Werbefonds angelegt, der gemeinsam von uns und von ausgewählten Franchisenehmern zum Nutzen der Franchisenehmer im System gemanagt wird. (...)
10.j. Falls ein zuständiges Gericht entscheidet, dass die Schiedsklausel in Absatz 10 c nicht durchsetzbar ist und nach allen Rechtsmitteln gegen die Entscheidung diese Einschätzung bestätigt wird, verpflichten sich die Parteien, einen Prozess wegen eines Streitfalles vor dem United State District Court for the District of Connecticut, USA zu führen. Falls die Schiedsklausel für nicht durchsetzbar erklärt wird und die Parteien einen Prozess vor einem örtlich zuständigen örtlichen Gericht führen müssen, findet örtliches Recht Anwendung. (...)"
In dem von der Klägerin der Beklagten zur Verfügung gestellten Betriebshandbuch, auf das Ziffer 5.b) des Franchisevertrages verweist, heißt es weiterhin: "Choosing a Food Distributor" In the US, .... Germany, the IPC negociated distribution contracts and you must use the approved food service distributor established in your area."
"Purchase Only Approved Products" For required items, you must purchase only DAI-approve products. For optional items, you must purchase from a certiefied supplier..."
Die Beklagte hat zusammen mit dem Franchisevertrag auch eine Widerrufsbelehrung unterzeichnet. Diese war in englischer Sprache und wies darauf hin, dass die Frist bei Verträgen, die der Schriftform unterliegen, zu laufen beginnt, bevor der zu Belehrende eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestelt bekommen hat. Die Beklagte hat die vo ihr unterzechnete Widerrufsbelehrung nach der Unterzeichnung zunächst der Klägerin überlassen und diese nicht wieder ausgehändigt bekommen. Die Beklagte ist derzeit nicht im Besitz der Wderrufsbelehrung. Mit der Klageerwiderung vom 29.07.2011 erklärte die Beklagte den Widerruf des Franchisevertrages gem. § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB. Seit Ende 2009 zahlt die Beklagte nicht alle Franchise- und Werbegebühren. Obwohl die Beklagte die Franchisegebühren und Werbekostenbeiträge nicht bezahlte, betrieb sie das Restaurant unter der Marke "SUBWAY" zunächst weiter.
Für die Belieferung der Restaurants sind die Franchsenehmer in Europa in einer britischen Gesellschaft namens "EIPC" organisiert. Diese Gesellschaft sucht europaweit geeignete Lieferanten, überwacht die Qualität und organisiert die Anlieferung zu den Franchisenehmern. (...) Der Bezug von der EIPC erfolgt sodann in Deutschland über das Unternehmen S. GmbH. Diese kauft bei dem mit dem Goldstandart versehenen Lieferanten ein und verkauft diese an die Franchisenehmer weiter. Für den Betrieb des Restaurants sind weniger als 250 unterschiedliche Artikel einzukaufen.
Die Klägerin macht geltend, dass an Franchise- und Werbegebühren noch ein Restbetrag von 18.745,92 € ausstehende sei. (...) Die Klägerin beruft sich darauf, dass ihr der eingeklagte Betrag zumindest auch als Wertersatz für das von ihr im Rahmen des Franchisevertrages Geleistete zustünde. (...)
Die Beklagte macht geltend, dass der Klägerin keine Zahlungsansprüche aufgrund Widerrufs der Beklagten zustünde. Die Widerrufsbelehrung sei nicht ordnungsgemäß gewesen. Die Beklagte macht geltend, dass der Wert von der Klägerin erbrachten Leistungen deutlich unter der vertraglich vereinbarten Franchisegebühr läge. Die Beklagte macht geltend, dass sie verpflichtet gewesen sei, ihren gesamten Wareneinkauf über die Firma zu beziehen.
Die Entscheidung
Die zulässige Klage ist unbegründet. Es ist deutsches Recht anwendbar. Das ergibt sich aus Ziffer 10 j, des Franchisevertrages. Im vorliegenden Fall halten beide Parteien die Schiedsklausel für nicht durchführbar. Daher ist das für das örtlich zuständige Gericht anwendbare Recht anzuwenden. Die Klausel unterscheidet hierbei nicht zwischen Prozessrecht und materielle Recht. Es ist daher von einer weitergehenden Anwendung des örtlichen Rechts also auch einschließlich des materiellen Rechts auszugehen. Etwas anderes wäre auch ohne Regelungsinhalt, da ein Gericht stets nach dem das für es geltende Prozessrecht tätiig werden wird. Eine Vereinbarung über das vom Gericht anzuwendende prozessuale Recht st daher nicht möglich. Im Übrigen führe die widersprüchlichen Regeungen zur Anwendung deutschen Rechts (Art. 3 I 2 VO (EG) 593/2008 und Art. 4 I e der VO.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf die mit der Klage geltend gemachten Franchise- und Werbegebühren aus dem Franchisevertrag nicht zu, da die Beklagte wirksam vom Franchisevertrag zurückgetreten ist, nach § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB, §§ 505, 507 BGB des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung, die zum Abschluss des Franchisevertrages am 14.07.2006 galt. (...)
Nach § 507 BGB a.F. ist die Beklagte vom Anwendungsbereich des § 505 BGB a.F. umfasst, da sie Existenzgründern im Sinne dieser Vorschrift ist. Nach dieser Vorschrift kommt es darauf an, dass es sich bei der Beklagten um eine natürliche Person handelt, die zum Zweck der Aufnahme einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit einen Ratenlieferungsvertrag schließt. Die Beklagte ist eine natürliche Person. Die Beklagte war vor Abschluss des Franchisevertrages nicht gewerblich tätig, der Vertrag wurde somit zur Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit geschlossen. Für die Beurteilung der Eigenschaft als Existenzgründer ist nur auf den Abschluss des Franchisevertrages abzustellen, nicht jedoch auf den späteren Bezug der Waren im Rahmen der sodann aufgenommenen gewerblichen Tätigkeit (Staudinger, BGB § 510 Rdnr. 22).
Bei dem vorliegenden Franchisevertrag handelt es sich um einen Ratenlieferungsvertrag im Sinne des § 505 Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F., da der Vertrag die Pflicht zum Warenbezug beeinhaltet. Eine rein mittelbare Bezugspflicht, wie sie hier vorliegt, ist dabei ausreichend. Aus dem Zusammenwirken der Klauseln des Franchisevertrages der die Regelungen des Handbuchs für bindend erklärt sowie dem Handbuch selbst, ergibt sich, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei bestimmten Lieferanten einzukaufen. Sie kann sich die Lieferanten nicht frei wählen. Selbst wenn die Klägerin sich darauf beruft, dass jeder Hersteller bei der EIPC bewerben könne, so erfolgt doch die Lieferung nach dem unstreitigen Klägervortrag durch die S. GmbH. Ob diese dabei der direkte Vertragspartner wird, oder nur Logistker für die EIPC ist, ist dabei unerheblich. Der Beklagten ist es in jedem Fall nicht möglich, sich frei für einen Lieferanten zu entscheiden Sie ist auf den durch den Franchisevertrag vorgeschriebenen Lieferanten beschränkt.
Die Klagepartei hat nicht dargelegt, dass das Mindestauftragsvolumen 50.000,00 € überstieg. Anstelle des in § 507 a.F. genannten Barzahlungspreis tritt in entsprechender Anwendung des § 501 Abs. 1 Satz 3 BGB a.F. bei Ratenlieferungsverträgen das vertraglich vorgesehene Mindestauftragsvolumen (Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl., § 507 Rdnr. 10). Es ist jedoch Aufgabe des Franchisegebers darzulegen und zu beweisen, dass das Mindestauftragsvolumen überschritten ist (Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 512 Rdnr. 9). Da die Klagepartei hierzu nichts vorgetragen hat, ist die Einschränkung daher nicht zu berücksichtigen.
Der Widerruf erfolgte gemäß § 355 Abs. 3 BGB rechtzeitig. Die Widerrufsfrist hatte noch nicht zu laufen begonnen und das Widerrufsrecht war noch nicht nach § 355 Abs. 4 BGB erloschen. Der Beklagte wurde nicht ordnungsgemäß eine Belehrung über das Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt. Mitteilung in Textform bedeutet, dass der Beklagten ein Exemplar der Widerrufsbelehrung zum Verbleib zu übergeben war (Palandt, BGB 71. Aufl., § 355, Rdnr. 20). Dies war jedoch nicht der Fall, weil da die Klägerin selbst die Widerrufsbelehrung wieder an sich nahm. (...)
Der Widerruf ist auch nicht rechtsmißbräuchlich. Zwar ist der zwischen den Parteien geschlossene Franchisevertrag über einen längeren Zeitraum zwischen den Parteien gelebt worden. Hieraus jedoch eine Rechtsmißbräuchlichkeit des Wiederrufs abzuleiten, würde der gesetzgeberischen Intention bei der Schaffunng des Widerrufsrecht widersprechen. Die Klägerin hat selbst durch die ungenügende Widerrufsbelehrung die Möglichkeit des Widerrufs gesetzt. Sie kann sich daher nun nicht auf eine Rechtsmißbräuchlichkeit berufen. Der Gesetzgeber hat bewusst dieses scharfe Schwert der Sanktion der ungenügenden Widerrufsbelehrung geschaffen um somit einen ausreichenden Anreiz für ein gesetzeskonformes Verhalten zu schaffen.
Als Rechtsfolge des Widerrufs hat sich das Vertragsverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt. Eine Klage auf Erfüllung ist damit ausgeschlossen. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Wertersatz zu. (...) Für einen Anspruch auf Ersatz nach § 346 Abs. 2 Nr. 1 BG hat die Klägerin jedoch nicht ausreichend vorgetragen. Die Klägerin beruft sich hier nur pauschal darauf, das es sich bei dem eingeklagten Betrag um einen angemessenen Wertersatz handele, was von der Beklagten bestritten wird. Bei den streitgegenständlichen Beträgen ist zu berücksichtigen, dass bei den von der Klägerin geltendgemachten Lizenzgebühren auch ein Gewinnanteil enthalten ist, der jedoch nicht vom Wertersatz des § 346 BGB umfast ist. Zutreffend hat die Beklagte hierzu ausgeführt, dass die eingeklagten vertraglichen Forderungen keinen Anhalt für einen Wertzuwachs bei der Beklagten geben.
Fazit
Das Urteil ist rechtskräftig. Die Klägerin hat die Berufung in der Berufungsverhandlung vor dem OLG Nürnberg zurückgenommen. In einem weiteren Fall hat das OLG Nürnberg den Widerruf eines Franchisevertrages desselben Franchisegebers zugelassen, weil die Widerrufsbelehrung inhaltlich fehlerhaft war.
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