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OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.04.2007, Az.: VI U (Kart) 13/06

Zur Unwirksamkeit einer 100-prozentigen Bezugsbindung/ Preisbindung

Zum Sachverhalt

Das OLG Düsseldorf hatte als Berufungsgericht über die Klage einer Franchisenehmerin gegen ihre Franchisegeberin zu entscheiden, die sich gegen eine 100-prozentige Bezugsbindung und gegen Preisvorgaben richtete. Die Franchisgeberin betreibt ein Franchiseystem auf dem Sektor Natur-Kosmetik. Sie ist selbst Masterfranchisenehmerin in Deutschland und leitet ihre Rechte von einer britischen Muttergesellschaft ab, deren 100-prozentige Tochtergesellschaft die deutsche Franchisegeberin ist. Sie betreibt eigene Pafümerie-Geschäfte in Deutschland und hat Sub-Franchisenehmer in Deutschland, von denen eine die Klägerin ist. Die Franchisenehmerin betreibt einen Betrieb im Rahmen dieses Franchisesystems. In dem Franchisevertrag, der eine feste Laufzeit von 7 Jahren hat, ist in Form einer Alleinbezugsverpflichtung geregelt, dass die Franchisenehmerin alle Waren bei der Franchisegeberin oder von ihr bennanten Lieferanten beziehen. Über das elektronische Online-Kassensystem hat die Franchisegeberin bei der Franchisenehmerin die Verkaufspreise eingespielt, so dass die Franchisenehmerin diese nicht selbst bestimmen konnte. Die Franchisenehmerin hält die Alleinbezugsverpflichtung und das Vorgehen der Franchisegeberin bei den Preisen für kartellrechtswidrig. Sie klagte auf Feststellung, dass die Alleinbezugspflicht in dem Vertrag nichtig sei. Sie wollte erreichen, dass sie 20 Prozent ihrer Waren bei dritten Lieferanten frei beziehen dürfe. Hinsichtlich des Einspielens der Preise klagte sie auf Unterlassung. Die Franchisegeberin verteidigte sich, in dem sie behauptete, die 100-prozentige Bezugsbindung sei zur Sicherstellung einer gleichbleibenden Qualität- und des Sortimens im ganzen Franchisesystem notwendig.

Die Entscheidung

Das Landgericht Düsseldorf hatte der Klage der Franchisenehmerin in der ersten Instanz nur insoweit stattgegeben, dass der Franchisegeberin untersagt wurd, die Endverkaufspreise mittels Ferndatenübertragung ohne Zustiummung der Franchisenehmerin in deren Kassensystem zu übertragen. Das Oberlandesgericht gab der Franchisenehmerin Recht. Das Oberlandesgericht entschied in dem Berufungsurteil, dass die Alleinbezugsverpflichtung und die faktische Preisbindung kartellrechtswidrig seien. Die Alleinbezugsverpflichtung sein wegen Verstoßes gegen das Verbot der Behinderung aus Art. 81 Abs. 1 und 2 EGV nichtig. Danach sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen verboten, die geeignet sind, den Handel zwischen den MItgliedsstaaten der EG spürbar zu beeinträchtigen und eine spürbare Behinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken. Die Alleinbezugsverpflichtung ist eine Wettbewerbsbeschränkung, da sie die Franchisenehmerin in der Auswahl ihrer Lieferanten beschränkt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) unterfallen auch Bindungen, denen Franchisenehmer in Vertriebs-Franchisesystemen unterliegen, grundsätzlich dem kartellrechtlichen Behinderungsverbot des Art. 81 EGV. Eine Aussnahme gilt nur dort, wo einschränkende Bestimmungen in Franchiseverträgen für den Erhalt und das Funktionieren des Franchisesystems notwendig sind. Es ist daher seit der "Pronuptia"-Entscheidung des EuGH anerkannt, dass Klauseln, die dem Know-How-Schutz des Franchisegebers dienen zulässig sein können, auch wenn diese zugleich den Franchisenehmer beschränken. Eine Alleinbezugsbindung ist jedoch nicht notwendig, um die Qualität innerhalb des Franchisesystems der Franchisegeberin sicherzustellen. Das OLG Düsseldorf führte aus: "Die hinreichende Qualiät und einem mit dem Vertriebssystem in Einklang stehende Zusammensetzung des Warensortimens der Franchisebetriebe lassen sich durch entsprechende Vorgaben an die Franchisenehmer sicherstellen. Hinsichtlich der Warenqualität sind objektive Qualitätsvorgaben möglich. ... Sofern, wie die Beklagte reklamiert einzelne Waen (z. B. Kerzen, Räucherstäbchen) oder Motive (Badeschwämme in Herzform...) mit dem Franchise-Vertriebssystem unvereinbar sind, kann dem Franchisenehmer ein Vertrieb derariger Artikel untersagt werden. Es ist zur Sicherstellung eines systemgerechten Warensortiments nicht erforderlich, dem Franchisenehmer darüber hinaus eine Alleinbezugsverpflichtung für sein gesamtes Warensortiment aufzubürden." Eine spürbare Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels bejahte das OLG, da die Franchisegeberin und ihre Muttergesellschaft einen Marktanteil von 14 Prozent des Marktes der Naturkosmetika haben. Auch is die Alleinbezugsbindung nicht nach Art. 81 Abs. 3 EGV in Verbindung mit der Gruppenfreisellungsvorordnung für Vertikalvereinbarungen vom Kartellverbot freigstellt. Die Freistellung gilt nämlich nicht für Wettbewerbsverbote mit einer Laufzeit von mehr als 80 Prozent, wenn diese eine Laufzeit von mehr als 5 Jahren haben. Im Ergebnis wurde die Franchisegeberin verurteilt, den Franchisevertrag dahingehend zu ändern, dass die Bezugsbindung nur in Höhe von 80 Prozent des Einkaufs Bestand hat. Das Einspielen der Preise ohne Einverständnis der Franchisenehmerin wurde untersagt. Das Urteil ist rechtskräftig, der BGH hat die Revision nicht zugelassen

Fazit

Das Urteil wäre auch ohne die europarechtliche Komponente ähnlich ausgefallen. Auch bei einem rein Deutschen Franchisesystem wäre das europäische Kartellrecht über die Verweisung in § 2 Abs. 2 GWB direkt Anwendung finden. Direkte oder indirekte Preisbindungen sind von wenigen Ausnahmen abgesehen unwirksam. Sind sogar im Franchisevertrag Klauseln enthalten, wonach der Franchisegber die Verkaufspreise des Franchisenehmers diktieren kann, so kann dies zu einer Gesamt-Unwirksamkeit des Franchisevertrages führen. Auch die Nichtigkeit einer Bezugsbindung kann zur Unwirksamkeit des gesamten Franchisevertrages über § 139 BGB führen. Eine zeitliche Reduzerung kartellrechtswidriger Klauseln, ist vom BGH anerkannt, jedoch nur, wenn die zeitliche Bindung zu lang ist. Die Reduzierung einer Klausel, wie hier der Bezugsbindung von 100 auf 80 Prozent, ist AGB-rechtlich nicht vertretbar. Die Besonderheit in dem vorliegenden Fall war, dass die Franchisenehmerin die Franchisegeberin an der Bezugsbindung in Höhe von 80 Prozent festhalten wollte und ihr Klagantrag entsprechend lautete. Die Franchisegeberin war aufgrund der Salvatorischen Klausel in dem Franchisevertrag verpflichtet, sich an der Bezugsbindung, die ja zugleich eine Lieferpflicht der Franchisegeberin ist, in Höhe von 80 Prozent festhalten zu lassen.

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