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OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.04.2007, Az.: I-5 U 1/06

Zum Ausschluss des Ausgleichsanspruches des Franchisenehmers aus § 89 b Abs. 3 HGB und zu Fragen des Kartellrechts

Zum Sachverhalt

Das OLG Düsseldorf hatte über die Zahlungsklage eines Franchisegebers zu entscheiden, der ein Franchisesystem auf dem Gebiet des Pizzalieferservices betreibt. Der Franchisegeber klagte von einer ehemaligen Franchisenehmerin nicht gezahlte Franchisegebühren ein. Eine dem Franchisegeber nahestehende Vermietungsgesellschaft hatte die Geschäftsräume des Pizza-Lieferbetriebes an die Franchisenehmerin vermietet. Wegen rückständiger Mietzahlungen hatte diese den Mietvertrag gekündigt. Die Franchisenehmerin brachte gegen die Zahlungsansprüche vor, sie sei nicht verpflichtet, die rückständigen Franchisegebühren zu zahlen, weil der Franchisevertrag gegen Artikel 81 Abs. 1 des EG-Vertrages verstoße. Dieser kartellrechtliche Verstoß führe zur Nichtigkeit des Franchisevertrages. Außerdem machte die Franchisenehmerin den Ausgleichsanspruch aus analoger Anwendung des § 89 b HGB für den Kundenstamm geltend, den der Franchisegeber weiter nutzen konnte. Der Franchisegeber hatte nämlich Zugriff auf die Telefonnummern der Kunden über das EDV-Kassensystem. Mit diesem Ausgleichsanspruch erklärte sie hilfsweise die Aufrechnung. Problematisch war allerdings, dass in dem Franchisevertrag ein Aufrechnungsverbot enthalten war. Die Franchisenehmerin hatte Widerklage erhoben und verlangte Auskunft und Rechenschaft über die Verwendung der Werbekostenbeiträge, die sie in den letzten Jahren an den Franchisegeber gezahlt hatte. Darüberhinaus begehrte die Franchisenehmerin Auskunft über die Einkaufsvorteile, in Form von Differenzrabatten, Boni, Provisionen und Werbekostenzuschüssen, die der Franchisegeber von Herstellern erlangt hat, weil die Franchisenehmerin bei den Herstellern Waren bezogen hatte. Das OLG Düsseldorf wies den Ausgleichsanspruch aus § 89 b HGB analog zurück. Wegen des vertraglich vereinbarten Aufrechnungsverbots greife die erklärte Aufrechnung nicht durch. Das vereinbarte Aufrechnungsverbot ließ nur Aufrechnungen mit anerkannten und rechtskräftig zuerkannten Gegenforderungen zu. Dass der Anspruch der Franchisenehmerin aus § 89 b HGB analog entscheidungsreif sei, ändert daran aus Sicht des OLG Düsseldorf nichts.

Die Entscheidung

Das OLG erkannte die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 89 b HGB an. Wörtlich führte das OLG aus: "Die handelsvertreterrechtliche Regelung des § 89 b HGB ist in analoger Anwendung auf den Franchisenehmer im allgemeinen wie auch im speziellen bei dem vorliegenden Vertragsverhältnis anwendbar. ... Beim beschaffungsoffenen Franchising kann der Franchisenehmer ebenso für den Franchisegeber einen Kundenstamm schaffen und in das Vertriebssystem eingegliedert sein, wie beim Warenfranchising". Im Ergebnis verneinte das OLG jedoch den Anspruch der Franchisenehmerin aus § 89 b HGB analog. Das OLG Düsseldorf entschied, dass der Ausgleichsanspruch der Franchisenehmerin aus § 89 b HGB analog wegen § 89 b Abs. 3 HGB ausgeschlossen sei. Der Ausschluss des Ausgleichsanspruchs folgt nach Auffassung des OLG Düsseldorfs aus analoger Anwendung des § 89 b Abs. 3 HGB, da die beiden dort normierten Ausgleichstatbestände in direkter Anwendung in dem konkreten Fall beide nicht einschlägig waren. Der Franchisevertrag wurde nämlich weder vom Franchisegeber außerordentlich gekündigt noch endete durch ordentliche Kündigung der Franchisenehmerin. Das Franchisevertragsverhältnis war nämlich faktisch beendet worden. Da die Franchisenehmerin die faktische Beendigung des Beendigung des Franchisevertrages wegen der Nichtzahlung der Mieten und der Franchisegebühren provoziert habe, sei eine analoge Anwendung der Ausschlussgründe gerechtfertigt. Der Franchisegeber habe nämlich fristlos kündigen können, was er nur unterlassen habe, weil er irrig davon ausging dass der Franchisevertrag aufgrund einer Klausel in dem Franchisevertrag automatisch beendet gewesen sei. Diese Klausel sah vor, dass der Franchisevertrag beendet sei, wenn der Mietvertrag -gleich aus welchem Grund- beendet werde. Das OLG erkannte, dass diese Klausel nach AGB-Recht unwirksam sei, da sie vom gesetzlichen Leitbild zu Lasten der Franchisenehmerin abweiche. Entscheidend sei, dass die Franchisenehmerin durch ihr schuldhaftes Verhalten die Kündigung des Mietvertrages durch die Kündigung des Mietvertrages durch die Vermieterin der Geschäftsräume provoziert habe und dieses Verhalten aufgrund seiner Auswirkungen auf den Franchisevertrages gleichzeitig einen wichtigen Kündigungsgrund für die Beendigung des Franchisevertrages dargestellt hätte. Den Auskunftsanspruch hinsichtlich der Einkaufsvorteile wies das OLG ab, weil der Franchisenehmerin in dem Franchisevertrag nicht ausdrücklich die Auskehrung und Weiterleitung von Boni, Rückvergütungen oder ähnlichem versprochen worden sei. Ohne vertragliche Regelung bestehe grundsätzlich kein Anspruch auf Weitergabe der Einkaufsvorteile und daher auch nicht auf Auskunft über Rückvergütungen.

Fazit

Zunächst einmal ist bemerkenswert, dass das OLG Düsseldorf die analoge Anwendung des § 89 b HGB auf Franchiseverträge anerkannte. Der Ausgleichsanspruch für den Kundenstamm setzt sich somit allmälich in der Rechtsprechung durch. Franchisenehmer machen diesen Anspruch nach Beendigung des Franchiseverhältnisses viel zu selten geltend. Der Anspruch muss binnen Jahresfrist nach Beendigung des Franchisevertrages geltend gemacht werden. Die vom OLG Düsseldorf angenommene doppelte Analogier in Bezug auf den Ausschlusstatbestand des § 89 b Abs. 3 HGB begegnet schwerwiegenden Bedenken. Eine analoge Anwendung zu Lasten des Franchisegebers erscheint fragwürdig. Der Franchisegeber hatte als Verwender des AGB-Vertrages eine unwirksame Vertragsklausel gestellt. Er kann aus diesem schuldhaften Vorverhalten keine Vorteile ziehen. Wer trotz Vorliegen eine wichtigen Grundes versäumt eine außerordentliche Kündigung auszusprechen muss mit den Konsequenzen leben. Leider hat sich das OLG auch mit anderen gewichtigen Einwänden und Argumenten der Franchisenehmerin nur am Rande oder gar nicht beschäftigt. Die Frage des Auskunfsanspruches wegen der Werbegebühren wurde in den Urteilsgründen gar nicht aufgegriffen.

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