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OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 27.09.1994, Az.: 11 U (Kart) 30/94 („Pronuptia III“)

Franchisevertrag als Typenkombinationsvertrag/ Kein Recht zur Minderung des Franchisenehmers

Leitsatz

Amtlicher Leitsatz: Stellt sich ein Franchisevertrag als eine aus verschiedenen Vertragstypen zusammengesetzte Vereinbarung dar, ist jede einzelne Maßnahme des Franchise-Pakets nach den Regeln des jeweils einschlägigen Vertragstyps zu beurteilen. Leitsatz der Redaktion: Vom Franchisenehmer laufend zu entrichtende Franchisegebührenunterliegen bei Schlechtleistung des Franchisenehmers dem Recht der Minderung

Zum Sachverhalt

Die Klägerin ist Franchisegeberindie,die unter der Marke "Pronuptia de Paris" insbesondere Brautmoden vertreibt. Die Beklagte ist Franchisenehmerin, die zunächst mit der französischen Mutterfirma einen Franchisevertrag für Hamburg hatte. Dieser Vertrag war auf die Klägerin übergeleitet worden und auf Oldenburg und Hannover ausgedehnt worden. Der Franchisenehmerin stand das „ausschließliche Recht zum Vertrieb" der Waren der Franchisegeberin unter „Benutzung der Bezeichnung Pronuptia" für 5 Jahre zu. In den Verträgen ist u.a. vereinbart, daß die Beklagte „Lizenzgebühren ... von 10% des Geschäftsumsatzes des Pronuptia de Paris-Geschäftes (mit Pronuptia und allen anderen Waren erzielten Umsätzen)" zu leisten hat. Die Parteien stritten durch mehrere Instanzen vor Gericht über rückständige Lizenzgebühren. Zwischenzeitlichwar Vergleich für den Teilbereich rückständige Zahlungen erzielt worden. Auf weitere Forderung erbrachte die Beklagte ebensowenig Zahlungen wie auf Ansprüche der Klägerin aus der Lieferung von Katalogen weiteren Lizenzgebühren ergab sich eine Gesamtforderung in Höhe von 225.920,81 DM. Hiervon hat die Klägerin 25.485,59 DM für Gegenforderungen der Beklagten in Abzug gebracht. Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ist auf Grund Kündigung seit Dezember 1981 beendet. Die Beklagte vertreibt seither Brautmoden anderer Hersteller. Nach einer teilweisen Zurückverweisung des Rechtsstreits durch den Kartellsenat des BGH (Urteil vom 27.05.1986, Az.: KZR 8/83) aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das OLG kam zu dem Ergebnis, dass die Franchiseverträge nichtig seien. Diese Entscheidung hat der BGH mit Urteil vom 08.02.1994 aufgehoben. Die von der Beklagten erhoben Widerklage hat das OLG abgewiesen. Die im übrigen noch anhängige Berufung der Beklagten blieb überwiegend ohne Erfolg.

Die Entscheidung

Die Parteien haben die von der Beklagten geschuldeten Lizenzgebühren unter jeweils § 5 I der Franchiseverträge ...wirksam vereinbart. Aufgrund der Revisionsentscheidung des BGH vom 08.02. 994 steht fest, daß - ungeachtet der Nichtigkeit der wettbewerbsbeschränkenden Abreden in den Franchiseverträgen über die Preisbindung und die Marktaufteilung (Art. 85 II EWGV; § 15 GWB) - die Verträge nicht insgesamt nichtig sind, sondern vielmehr der übrige Vertragsinhalt und damit insbesondere auch die Regelung über die Vergütungspflicht der Beklagten als Franchisenehmerin wirksam ist. Der Senat hat daher die Wirksamkeit der entsprechenden Vertragsklauseln, gleich unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt, nicht mehr in Frage zu stellen. Dies folgt nicht aus § 565 II ZPO; denn der BGH hat in der genannten Entscheidung die Sache nicht zur anderweitigen Verhandlung zurückverwiesen, was aber Voraussetzung für eine Bindung des Berufungsgericht gewesen wäre; das Revisionsgericht hat vielmehr über die Widerklage in der Sache selbst entschieden (§ 565 III Nr. l ZPO). Der Senat ist jedoch auf Grund der Rechtskraftwirkungen der präjudiziellen Entscheidung des BGH an die dort getroffene Feststellung der Wirksamkeit der nun maßgeblichen, nicht wettbewerbsbeschränkenden Vertragsklauseln gebunden. Der BGH hat ausdrücklich über eine negative Zwischenfeststellungswiderklage (§ 256 II ZPO) entschieden; diese war auf die Feststellung der Gesamtnichtigkeit der Franchiseverträge gerichtet. ... Mit der rechtskräftigen Abweisung der negativen Feststellungsklage als unbegründet liegt eine Entscheidung vor, deren Rechtskraftwirkungen denen einer umgekehrten positiven Feststellungsklage der Klägerin entsprechen. Eine solche Klage könnte indes nicht schlicht auf die Feststellung der teilweisen Wirksamkeit der Verträge gerichtet sein, vielmehr müßte, um dem auch hier geltenden Erfordernis eines bestimmten Klageantrages Rechnung zu tragen, die Feststellung der Wirksamkeit bestimmter Teile der Verträge begehrt werden. Danach steht nicht nur die teilweise Wirksamkeit der zwischen den Parteien geschlossenen Franchiseverträge fest, sondern die Auslegung der Urteilsformel unter Heranziehung der Entscheidungsgründe ergibt darüber hinaus auch, daß alle nicht wettbewerbsbeschränkenden Vertragsklauseln und so insbesondere auch die Regelungen über die Vergütungspflicht der Beklagten nicht von der Unwirksamkeit erfaßt sein sollen. Der BGH hat nämlich in den Entscheidungsgründen des Revisionsurteils klargestellt, daß sich die Unwirksamkeit nur auf die für die Klageansprüche unerheblichen Vertragsbestimmungen über Preisbindung und Gebietsschutz beschränkt. Obwohl das Revisionsurteil diesen Gesichtspunkt nicht beansprucht, ist der Senat entgegen der Auffassung der Beklagten auch insoweit gebunden, als er keine Gesamtnichtigkeit der Franchiseverträge wegen einer kartellrechtlich unzulässigen Bezugsbindung der Beklagten festzustellen vermag. Aus dem Umstand, daß zur Bestimmung des Umfanges der Rechtskraft eines Urteils auf die Entscheidungsgründe zurückgegriffen werden kann und muß, folgt noch nicht, daß der BGH die teilweise Wirksamkeit der Franchiseverträge rechtskräftig nur aus den in den Entscheidungsgründen genannten rechtlichen Erwägungen festgestellt hat. Solche rechtlichen Folgerungen, auf denen die Entscheidung beruht, erwachsen als bloße Urteilselemente nicht in Rechtskraft und können daher mangels Teilnahme an den Rechtskraftwirkungen der Entscheidung nicht dazu herangezogen werden, den durch Auslegung ermittelten Umfang der Rechtskraft zu verändern. Aus diesem Grunde vermag der Senat auch nicht festzustellen, daß eine Vergütungspflicht der Beklagten etwa nach Widerruf ihrer auf Abschluß der Franchiseverträge gerichteten Willenserklärungen gemäß §§ 1 b, 1 c AbzG endgültig nicht wirksam begründet worden ist. Zwar hat das Revisionsurteil auch diesen Einwand der Beklagten nicht erörtert, die geschilderten Wirkungen der materiellen Rechtskraft des Revisionsurteils hindern den Senat jedoch, abweichend von dieser Entscheidung eine Unwirksamkeit insbesondere der Vergütungsabreden - und sei es aus Gründen der §§ 1 b, 1 c AbzG oder auch des ebenfalls eingewandten § 9 AGBG - zugrunde zu legen. Die Entgeltansprüche der Klägerin aus den Franchiseverträgen sind nicht zu mindern. Hierbei kann dahinstehen, ob die Klägerin, wie die Beklagte meint, vertraglich zu bestimmten Werbemaßnahmen sowie zum Abschluß eines Untermietvertrages verpflichtet war; denn Ansprüche der Beklagten auf Minderung sind bereits mangels entsprechender rechtlicher Grundlage ausgeschlossen. Bei den vorliegenden Franchiseverträgen handelt es sich um aus verschiedenen Vertragstypen zusammengesetzte Vereinbarungen („Typenkombinationsverträge"); hierbei sind die zwischen den Parteien geschlossenen Verträge dem Bereich des Koordinations-Franchising zuzuordnen (vgl. Martinek, Franchising, S. 656), weil es im Gegensatz zum Subordinations-Franchising an der geschäftsbesorgenden weisungsgebundenen Interessenwahrnehmungspflicht fehlt (vgl. Martinek, Moderne Vertragstypen II, S. 109). In Anbetracht der Typenkombination finden auf das Franchiseverhältnis die Regeln der verschiedenen kombinierten Vertragstypen nebeneinander Anwendung, wobei für jede einzelne Maßnahme des Franchise-Paketes die Regelung des jeweils einschlägigen Vertragstypus heranzuziehen ist (vgl. Martinek, Franchising, S. 385). Nach den vorliegend einschlägigen Vertragstypen scheidet indes eine Minderung der geschuldeten Vergütung aus. Die von der Beklagten zunächst eingewandte Schlechterfüllung betrifft die angeblich von der Klägerin geschuldeten Werbemaßnahmen, die zwar nicht schlechthin unterblieben, wegen der seinerzeit in Norddeutschland nicht möglichen Rundfunkwerbung jedoch nicht ordnungsgemäß erbracht seien. Da die Klägerin aber auch nach dem Vorbringen der Beklagten nicht zur Erbringung eines individualisierbaren Werkes, wie etwa eines bestimmten Werbemittels, sondern allenfalls zu vielgestaltiger Werbetätigkeit zu Gunsten ihrer Franchisenehmer verpflichtet ist, sind insoweit die Regeln des Dienstvertragsrechts anwendbar (vgl. Palandt/Thomas, BGB, 53. Aufl., Vorb. 631 Rdn. 21), das wiederum aber keine Gewährleistungsbestimmungen und somit auch keine Minderung der Vergütung kennt. Nichts anderes gilt für die angebliche Verpflichtung der Klägerin zum Abschluß eines Untermietvertrages für das Geschäftslokal in Hamburg. Insoweit sind die Regelungen des Mietrechts mit den zugehörigen Gewährleistungsbestimmungen nicht anwendbar, weil ein Mietverhältnis zwischen den Parteien gerade noch nicht zustandegekommen ist. Die Beklagte wendet vielmehr die Nichterfüllung eines Vorvertrages, nämlich der Verpflichtung der Klägerin zum Abschluß eines Mietvertrages, ein. Die Nichterfüllung eines solchen Vorvertrages, dessen Abschluß auf Grund der Vertragsfreiheit zulässig ist und der - zumal die Beklagte auch weiterhin Brautmoden vertreibt - noch immer erfüllbar ist, kann Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung etwa aus § 326 BGB oder positiver Vertragsverletzung begründen, nicht hingegen aber Gewährleistungsrechte. Der Beklagten steht wegen angeblich nicht erbrachter Leistungen der Klägerin nicht die geltend gemachte Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320 BGB) zu. Die Leistungen aus § 3 der Franchiseverträge, deren weitgehend unterbliebene Erbringung die Beklagte behauptet, haben dienstvertraglichen Charakter, sind sie doch nicht auf einen bestimmten Erfolg, sondern nur auf unterstützende Tätigkeiten bei den geschäftlichen Aktivitäten der Franchisenehmer gerichtet. Damit finden nach den vorstehenden Ausführungen die Regeln des Dienstvertragsrechts Anwendung, bei dem aber ein Zurückbehaltungsrecht wegen mangelhafter Leistungen nicht anerkannt wird, weil dies im Ergebnis auf eine dem Gesetz fremde Minderung hinauslaufen würde. Die von der Beklagten erhobene Einrede kann zwar auch im Sinne der Geltendmachung einer geminderten Vergütungspflicht wegen teilweiser Unmöglichkeit der von der Klägerin aus den Franchiseverträgen geschuldeten Leistungen gemäß §§ 323 I Halbs. 2, 472, 473 BGB verstanden werden. Einem Erfolg dieses Einwandes steht indes entgegen, daß trotz des Dauerschuldverhältnisses, das zwischen den Parteien be- stand, eine Teilunmöglichkeit wegen etwa nicht erbrachter Leistungen nicht eingetreten ist. Die Klägerin ist nämlich auch nach dem Vorbringen der Beklagten im Hinblick auf ihre Förderungspflichten nicht schlechthin untätig geblieben, sondern hat jedenfalls Werbevorlagen zur Verfügung gestellt und sich auch an den Kosten der Anfangswerbung beteiligt. Da die einzelnen Verpflichtungen der Klägerin nach § 3 der Franchiseverträge auch hinsichtlich der jeweils in Absatz l aufgeführten Beispielsfälle - wie etwa bei der Förderung des „Einkaufs" oder des „Marketings" - nicht etwa in Form eines Leistungskataloges konkret bestimmt, sondern letztlich nur mit einer pauschalen „Unterstützung" umschrieben sind, kann eine Nichterfüllung einzelner Leistungspflichten mangels genügender Festlegung nicht festgestellt werden. Damit ist aber auch nicht zu klären, welche konkreten Leistungen die Klägerin mit der Folge einer teilweisen Unmöglichkeit der Erfüllung ihrer Pflichten als Franchisegeberin nicht erbracht haben soll, die geschuldete Leistung ist nicht - wie für die Begründung einer Teilunmöglichkeit erforderlich (vgl. Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 275 Rdn. 47) - wirtschaftlich zerlegbar. Es bleibt vielmehr allenfalls eine nach Art und Weise nicht korrekte Erfüllung, mithin eine Schlechterfüllung der Unterstützungsverpflichtungen der Klägerin aus den Franchiseverträgen, die nach dem System der Leistungsstörungen nicht als teilweise - „qualitative" - Unmöglichkeit, sondern vielmehr als ein Fall der positiven Vertragsverletzung zu behandeln ist (vgl. Soergel/Wiedemann, a.a.O., § 275 Rdn. 48). Auch die von der Beklagten erklärten Aufrechnungen bleiben ohne Erfolg. Der Beklagten stehen gegenüber der Klägerin keine Bereicherungsansprüche aus § 812 I BGB wegen vermeintlich überhöhter Lizenzgebührenzahlungen bis November 1979 zu. Die zweite zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung der Beklagten ist ebenfalls nicht begründet. Die Beklagte kann keine Beteiligung der Klägerin mit 39.000 DM an ihren Werbekosten verlangen. Auch hierbei kann dahinstehen, ob sich die Klägerin in den Franchiseverträgen zu bestimmten Werbemaßnahmen, insbesondere zur Rundfunkwerbung, gegenüber der Beklagten verpflichtet hat.

Fazit

Dr. Prasse hat bereits im Jahr 2002 zur Minderung von Franchisegebühren Stellung bezogen, in einer Abhandlung in den Neuen Wirtschafts Briefen (Jacobsen/Prasse, NWB 2002, Fach 19, S. 2877, 2882). Das Urteil des OLG Frankfurt gibt Anlass zu Kritik. Das Urteil ist mißverständlich, weil auf den ersten Blick ein Gewährleistungsrecht hinsichtlich der Dienstvertragselemente des Franchisevertrages abgelehnt wird. Dabei wird übersehen, daß auch im Dienstvertragsrecht eine Minderung im Sinne der Teilunmöglichkeit durchgeführt werden kann (§§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 HS. 2, 441 Abs. 3 BGB). In bestimmten Zeitabschnitten nicht erbrachte Dienstleistungen können nicht mehr nachgeholt werden, so dass es sich um einen Fall der Unmöglichkeit der Zeit nach handelt. Mißverständlich ist das Urteil deshalb, weil die genaue Betrachtung zeigt, dass das OLG die Möglichkeit der Minderung im Sinne der Teilunmöglichkeit durchaus prüft (nach altem Schuldrecht: §§ 325 Absatz 1, Satz 3, 323 Absatz 1 HS. 2 BGB) und lediglich im konkreten Einzelfall verneint hat, während es zugleich heißt, im Dienstvertragssrecht sei eine Minderung ausgeschlossen. Das LG Hamburg, hat ein Minderungsrecht bezgl. der laufenden Franchisegebühren angenommen, diese jedoch mit einer Analogie zum Pachtrecht begründet (vgl. LG HH, Urt. v. 10.04.2001 , Az.: 313 O 182/99). Der Entscheidung des LG Hamburg lag jedoch ein anderer Sachverhalt zu Grunde, da der Franchisenehmer dort einwandte, das Know-how des Franchisegebers sei mangelhaft.

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