OLG Hamm, Urteil vom 13.03.2000, Az.: 8 U 113/98 („Nachhilfeschule/ Studienkreis“)
Zur sittenwidrige Knebelung eines Franchisenehmers
Zum Sachverhalt
Das OLG Hamm hatte über einen Franchisevertrag zu entscheiden, der als atypisch stiller Gesellschaftsvertrag vordergründig im Gewand einer stillen Beteiligung gestaltet war. Es handelt sich um eine weitere Entscheidung einer Vielzahl von Gerichtsentscheidungen zu dem auf dem Sektor der Nachhilfeschulen tätigen "Franchisesystem S."Das Vertragsverhältnis war durch eine weisungsabhängige Tätigkeit des "stillen Gesellschafters" maßgeblich geprägt, denn im Vordergrund stand eine Lizenzierung einer Gesamtheit von Rechten, insbesondere Know-how sowie die Lizensierung einer Marke.
Die Entscheidung
Die beim Franchising typischen Weisungs- und Kontrollrechte des Franchisegebers waren in dem Vertrag als Rechte des atypischen stillen Gesellschafters ausgestaltet. Unabhängig von der vordergründigen gewählten Vertragsform kam das OLG zum Ergebnis, dass der Vertrag nach § 138 BGB nichtig ist. Die Sittenwidrigkeit folgte aus einer Unausgewogenheit der gegenseitigen Rechte und Pflichten und Verteilung der Risiken beider Vertragspartner. Der Vertragspartner hatte nach außen hin als selbständiger Unternehmer mit entsprechendem Risiko aufzutreten, war aber hinsichtlich Abrechnung und Buchhaltung an bestimmte konkrete Weisungen der Gesellschaft gebunden. Zudem muß er bei Geschäften ab einer bestimmten Größenordnung (betreffend die Einrichtung der Nachilfeschule) die Einwilligung der Gesellschaft einholen. Das OLG sah in der konkreten Vertragskonstellation eine unzumutbare Beschränkung der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit des Vertragspartners, gepaart mit einem auffälligen Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung.
Fazit
Die Urteil ist rechtskräftig. Die von dem Franchisegeber eingelegte Revision ist vom Bundesgerichtshof nicht angenommen worden (BGH, Beschl. v. 17.07.2002, Az.: VIII ZR 347/00). Nach fast einhelliger Meinung mehrerer Instanzgerichte ("Nachhilfeschule I bis III") ist der Beteiligungsvertrag (Franchisevertrag) wegen sittenwidriger Knebelung nichtig. Vgl. dazu außerdem die Entscheidung Landgericht Bochum, Urteil vom 28.04.1999, Az.: 2 O 7 / 99 ("Nachhilfeschule I"). In der Rechtswissenschaft wurde immer wieder diskutiert, ob Franchiseverträge auch gesellschaftsrechtliche Elemente haben könen. Namentlich Martinek hat kooperative Franchiseformen benannt, die von Gleichordnung statt einer Über-/Unterordnung geprägt sind. Solche Franchisesysteme sind in der Praxis selten. Das in dem Urteil des OLG Hamm streitgegenständliche Nachhilfeschulensystem war jedenfalls von einer besonders starken Über-/Unterordnung geprägt.
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