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OLG Köln, Urteil vom 17.09.2004, Az.: 19 U 171/03

Zur Wirksamkeit einer Vertragsklausel, die die Verpflichtung des Franchisenehmers zur Übergabe der Telefonnummern eines Pizzalieferservices bei Beendigung des Franchisevertrages enthält

Leitsatz

Leitsätze der Redaktion: 1. Der Kundenstamm ist beim Franchising dem Franchisegeber zuzuordnen, da sich die Kunden mit dem Franchisesytem als solchen identifizieren und nicht mit dem einzelnen Franchisenehmer. 2. Eine Klausel in einem Franchisevertrag, wonach der Franchisenehmer dem Franchisegeber bei Vertragsbeendigung mit den Telefonnummer des Betriebes indirekt den Kundenstamm zur Verfügung stellen muss, ist wirksam. 3. Die vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes ist nicht als nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Sinne des § 90 a HGB (analog) anzusehen. 4. Eine solche Klausel benachteiligt den Franchisenehmer nicht unangemessen und ist daher nicht nach AGB-Recht unwirksam.

Zum Sachverhalt

Die Klägerin (=Franchisegeberin) betreibt ein Franchisesystem für Pizzaliefer- service. Der Beklagte (=Franchisenehmer) betrieb einen Pizzalieferservice-Betrieb auf Grundlage eines Franchisevertrages mit der Klägerin. Die Parteien streiten um die Rechte an Telefonnummern nach Beendigung des Franchisevertrags. In dem Franchisevertrag war eine Kluasel enthalten, wonach der Franchisenehmer nach Ablauf der Vertragslaufzeit die Telefonnummer des Beriebes auf die Klägerin zu übertragen hatte. Für das durch den Beklagten betriebene Ladengeschäft bestanden zunächst drei Rufnummern. Die beiden ersten Telefonnummern hatte der Beklagte vom ursprünglichen Inhaber des Pizzalieferservices übernommen. Die Klägerin konnte über die drei Telefonnummern nicht verfügen und erhält hierfür auch keine Abrechnungen. Seit Anfang Mai 2003 nutzte der Beklagte zusätzlich zwei weitere von ihm geschaltete 0800-Nummern für seinen Betrieb. Diese sind auf Frau X (eine Verwandte des Beklagten) registriert. Die Klägerin begehrte mit der Klage von dem Beklagten die Übertragung der drei Telefonnummern sowie das Unterlassen der geschäftlichen Nutzung der beiden 0800-Nummern und stützte sich dabei auf die vertragliche Regelung in dem Franchisevertrag. Das LG Aachen hatte der Klage stattgegeben. Das OLG Köln wies die Berufung des Franchisenehmers zurück.

Die Entscheidung

Denn bei § 10 Ziff. 10.3 des Franchisevertrags handelt es sich nicht um eine Wettbewerbsabrede i.S.v. § 90a HGB. Hierunter ist eine Vereinbarung zu verstehen, die den Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Baumbach/ Hopt, HGB, § 90a Rdnr. 4). Darum geht es bei § 10 Ziff. 10.3 des Franchisevertrags aber nicht. So wie der Handelsvertreter den Kundenstamm für den Geschäftsherrn erwirtschaftet, ist wegen der weitgehenden Identifikation des Franchisenehmers mit dem System der Kundenstamm wirtschaftlich von vornherein dem System bzw. dem Franchisegeber als dessen Herrn zuzuordnen. Zwar wird der Franchisenehmer im Gegensatz zum Handelsvertreter rechtlich im eigenen Namen tätig. Seine Identität tritt jedoch völlig hinter die des Systems bzw. des Franchisegebers zurück. Der Inhaber des einzelnen Geschäftslokals wird meist nur aus den durch die GewO vorgeschriebenen Angaben am Eingang ersichtlich. Nach außen erscheinen Franchisenehmerbetriebe eher als Filialen des Franchisegebers. Für den Kunden bietet der Franchisenehmer nicht „sein“, sondern ein Systemprodukt an. So lag es auch hier. Dies zeigt etwa der Flyer, den der Beklagte nach Einrichtung der 0800er-Nummern an den Kundenstamm verteilt hat. Dieser enthält keinerlei Hinweis auf den Beklagten geworben wird einzig und allein für „I Pizza“, d. h. die Franchisekette. Auch wenn nicht der Franchisegeber das Produkt erstellt, akquiriert der Franchisenehmer Kunden nicht etwa in erster Linie für sich und sein Produkt, sondern für das System und dessen Produkt und damit für den Franchisegeber. Die Konzeption und ihre Umsetzung durch den Franchisenehmer schaffen für die Betriebe des Systems einen eigenen Kundenstamm, der sich durch eben diese „Unternehmerphilosophie“ und -praxis angezogen fühlt. ... Verliert also der Beklagte durch Übertragung der ... Telefonnummern einen nicht unerheblichen Teil des bisherigen Kundenstamms, so liegt darin nach alledem keine Beschränkung seiner vormals größeren Wettbewerbsfähigkeit; ihm geht vielmehr der Goodwill des Systems „I Pizza“ verloren und damit ein Wettbewerbsvorteil, den er z. T. von seinem Vorgänger im Franchisesystem übernommen und für den er während seiner Teilnahme am „I Pizza“-System die Franchisegebühren zu entrichten hatte. Warum der Beklagte nach Beendigung des Vertrags vom Goodwill der Klägerin kostenlos sollte profitieren können, ist nicht ersichtlich. Was für den Namen „I Pizza“ gilt, den der Beklagten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin natürlich nicht mehr verwenden darf, muss auch für die streitgegenständlichen ... Telefonnummern gelten. Von daher besteht wegen der aus § 10 Ziff. 10.3 des Franchisevertrags für den Beklagten resultierenden nachteiligen Folgen auch keine Gesetzeslücke, die durch eine analoge Anwendung des § 90 a HGB zu schließen wäre. Einschlägig dürfte allenfalls § 89 b HGB sein, der dem Handelsvertreter nach Beendigung seines Vertragsverhältnisses mit dem Unternehmer einen Ausgleich dafür zubilligt, dass seine Tätigkeit bei Kunden einen Goodwill geschaffen hat, der statt wie bei Fortdauer des Handelsvertretervertrags beiden Teilen infolge des Vertragsendes allein dem Unternehmer zugute kommt... Aus den gleichen Gründen scheidet auch eine Unwirksamkeit der in § 10 Ziff. 10.3 des Franchisevertrags enthaltenen Regelung nach § 9 AGBG a. F. aus. Denn die darin enthaltene Verpflichtung des Beklagten zur Übertragung der betreffenden Telefonnummern ist - wie ausgeführt - nicht unangemessen, sondern systemgerecht.

Fazit

Die Entscheidung wurden veröffentlicht in OLG Report Köln 2004, 426. Das Urteil ist juristisch nicht zu beanstanden. Man kann sicher auch die Auffassung vertreten, dass auch die Franchisenehmer durch das Nutzen der Marke an deren Aubau beteiligt sind und dass das Franchisesystem ohne diese Leistungen des einzelnen Franchisenehmers nichts wert wäre. Das ist aber eher eine rechtspolitische, denn eine juristische Frage, die die Lösung dieses konkreten Falles beeinflusst ist. Nicht geklärt wurde in diesem Prozess, ob dem Franchisenehmer ein Ausgleichsanspruch gegen den Franchisegeber aus analoger Anwendung des § 89 b HGB zusteht. Zum Ausgleichsanspruch des Franchisenehmers für die Übertragung des Kundenstammes hat Dr. Prasse einen grundlegenden Aufsatz in der juristischen Fachzeitschrift MDR (Monatsschriftfür Deutsches Recht) 2008, S. 122 ff. veröffentlicht. Vergleichen Sie zu diesem Thema auch unbedingt das Urteil des OLG Celle 19.04.2007, Az.: 11 U 279/06 ("City MAP") in unserer Urteilsdatenbank.

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