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OLG München, Urteil vom 20.07.2010, Az.: 7 U 2834/10

Zur Reichweite der vorvertraglichen Aufklärungspflicht

Leitsatz

Leitsätze der Redaktion 1. Der Franchisegeber erfüllt seine vorvertragliche Aufklärungspflicht mit der Angaben zu möglichen Umsätzen. 2. Eine Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten liegt nicht vor, wenn der Franchisegeber eine Umsatzprognose vorlegt, deren enthaltenen Zahlen nicht plausibel und nicht unrealistisch sind. 3. Wenn eine vom Franchisegeber vorgelegte Umsatzprognose diesen Anforderungen genügt, ist der Franchisegeber im vorvertraglichen Stadium nicht verpflichtet (ungefragt) über angebliche wirtschaftliche Probleme anderer Franchisenehmer hinzuweisen. 4. Der Aufklärungspflicht genügt der Franchisegeber allein durch die Vorlage der Umsatzprognose; allein hierdurch ist das Informationsdefizit des Franchiseinteressenten aufgrund des Informationsgefälles ausgeglichen.Die Kostenseite muss ein Franchisenehmer selbst beurteilen können.

Zum Sachverhalt

Der gescheiterte Franchisenehmer (Kläger) hatte die Franchisegeberin (Beklagte) einer spanischen Mode-Boutique-Kette, die in Deutschland erst wenige Franchisenehmer hatte, auf Schadensersatz verklagt. Die Franchisegeberin hatte wegen rücksändiger Zahlungen aus Warenlieferungen Widerklage erhoben. Das LG München I hatte die Klage des Franchisenehmers abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Landgericht hatte ein Sachverständigengutachten über die von der Beklagten vorvertraglich überlassene Prognoserechnng eingeholt. Der Gutachter hat Stellung zu den Prognosezahlen insoweit bezogen, als dass diese realistsch seien und aufgrund Zahlen von anderen Betrieben des Systems zumindest herleitbar seien. Gleichwohl hatte die Franchisegeberin den von ihr gewählten Rechenweg und die von ihr verwendeten Basiszahlen nicht in dem Prozess substantiiert vorgetragen. Das LG München I hatte die sekundäre Darlegungs- und Beweislast trotzdem dem Kläger auferlegt. Zu Lasten des Franchisenehmers wertete das Landgericht, dass der Franchisenehmer bereits "hinreichende Erfahrungen in Wirtschaftsdingen" gehabt habe. Der Franchisenehmer ging in Berufung. Das Oberlandesgericht erließ einen Hinweisbeschluss, indem es ankündigte, dass die Berufung nach einstimmiger Vorberatung des Senats keine Aussicht auf Erfolg habe und appelierte an den Franchisenehmer, seine Klage zurückzunehmen. Der Franchisenehmer nahm die Berufung zurück, weil ein weiteres Rechtsmittel gegen eine Zurückweisung durch einen Beschluss des Oberlandesgerichts unanfechtbar gewesen wäre. Zu Lasten des Franchisenehmers wertete das Landgericht, dass der Franchisenehmer "hinreichende wirtschaftliche Erfahrungen" gahabt habe.

Fazit

Anmerkung der Redaktion: Die Entscheidung des Landgerichts und insbesondere die des OLG München geben Anlass zu Kritik. Die Gerichte haben von einer ständigen Rechtsprechung abgewichen, wonach dem Franchisegeber die Darlegungs- und Beweislast auferlegt wird, wenn der Franchisenehmer die fehlerhafte vorvertragliche Aufklärung schlüssig darlegt. Der Franchisenehmer hat die Beweislast hingegen dem Franchisenehmer auferlegt. Diese fehlerhafte "Weichenstellung" in dem Prozess dürfte auch Auswirkungen auf die Fragen gehabt haben, die dem Gutachter zur Klärung gegeben wurden und es hat auch Auswirkungen auf das Gutachten selbst und deren Verwertung durch das Gericht gehabt. In dem das Landgericht verkannt hat, dass der Franchisenehmer die Zahlen, die der Franchisegeber zur Erstellung der Prognoserechnung zugrundegelegt hatte und die Herkunft der Zahlen nicht kannte, hätte das Landgericht dem Franchisegeber aufgeben müssen, im Detail vorzutragen, welche Zahlen er genutzt hatte und unter welchen tatsächlichen Annahmen und Rechenwegen er sie weiterverarbeitet hatte. In dem das Landgericht es genügen ließ, dass der Gutachter wiederum nicht nachvollziehbar feststellte, die Zahlen der damals vorhandenen vier vorhandenen Betriebe des Franchise-Systems würden die prognostiziierten Umsätze rechtfertigen. Es sei auf Quadratmeterumsätze abzustellen, weil die Lagen der vier Betriebe mit dem des Klägers vergleichbar gewesen seien und auch die prognostizierten Umsatzsteigerungen seien realistisch. Das Landgericht folgerte daraus, es habe zumindest keine Umsatzprognose ins Blaue hinein vorgelegt worden. Den Ausführungen des Landgerichts noch weniger zu folgen ist hnsichtlich der Beurteilung, der Franchisegeber müsse nicht über die Kostenseite aufklären noch habe er überhaupt weitere Informationen erteilen, auch nicht über einen Franchisebetrieb, der sehr schlechte Zahlen in den ersten sieben Monaten erzielt habe. Nach meiner Auffassung sind die Entscheidungen ein Rückschritt in der Rechtsprechung zur vorvertraglichen Aufklärungspflicht des Franchisegebers. Unverständlich ist, dass das OLG München diese Entscheidung des Landgerichts nicht korrigiert hat, sondern die Kritik zurückwies. Gerade bei einem jungen Franchisesystem ohne eigenen Pilotbetrieb des Franchisegebers hätte auf die mangelhafte Erprobung des Systems und die unsichere Datengrundlage der angeblich in der Prognose verwendeten Zahlen durch den Franchisegeber hingewiesen werden müssen. Bekannte schlechte Entwicklungen hätten offenbart werden müssen, denn solche dem Franchisenehmer fehlenden Informationen sind gerade wesentliche Informationen, die für die Entscheidung für oder gegen den Abschluss des Franchisevertrages erkennbar von Bedeutung gewesen wären. Dies gilt um so mehr, als die Franchisegeberin sich mißverständlich als etabliert und erprobt in schriftlichen Unterlagen dargestellt hatte. Inzwischen ist die Zivilprozessordnung geändert worden. Nur noch offensichtlich aussichtslose Berufungen können danach ohne mündliche Verhandlung durch das Oberlandesgericht zurückgewiesen werden. Gegen einen solchen Beschluss steht heute das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zur Verfügung.

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