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OLG München, Urteil vom 24.07.1999, Az.: 4 O 21317/98

Rechtsweg bei einer Schadensersatzklage des Franchisenehmers wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten

Leitsatz

Leitsätze der Redaktion: Für die Schadenersatzklage eines Franchisenehmers wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten durch den Franchisegeber sind die ordentlichen Gerichte und nicht die Arbeitsgerichte zuständig. Ein Franchisenehmer, der selbst möglichst viele Angestellte beschäftigt und damit selbst Arbeitgeber mit unternehmerischem Spielraum ist, ist trotz wirtschaftlicher Abhängigkeit von dem Franchisegeber nicht mit einem Arbeitnehmer vergleichbar und daher keine arbeitnehmerähnliche Person.

Zum Sachverhalt

Das OLG München hatte als Beschwerde-Instanz über die sofortige Beschwerde zu entscheiden. Die Kläger waren etwa 1,5 Jahre Franchisenehmer in dem ... (Franchise)-System. Die Beklagte zu 1 ist die Franchisegeberin. Gegenstand des Systems ist die Erbringung von Personaldienstleistungen. Die Kläger reichten Schadensersatzklage ein, und machten geltend, im Vorfeld und bei Abschluß des Franchisevertrages von den Beklagten arglistig getäuscht worden zu sein. Sie hatten den Franchisevertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten und begehrten nun mit ihrer Klage Schadensersatz. Mit Beschluß vom 27.04.1999 erklärte das Landgericht München I den ordentlichen Rechtsweg für unzulässig und verwies den Rechtsstreit gemäß § 17 a Abs. 2 GVG an das Arbeitsgericht München. Gegen diesen Beschluß legten die Beklagten sofortige Beschwerde ein.

Die Entscheidung

Die zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten ist begründet und führt deshalb zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Feststellung, daß der von den Klägern beschrittene Rechtsweg zum ordentlichen Gericht zulässig ist (§ 13, § 17a Abs. 3 GVG). Für die Klärung der Frage, ob für eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit ausschließlich die Gerichte für Arbeitssachen gemäß § 2 Abs. 1 Nr.3 ArbGG zuständig sind, kommt es darauf an, ob den tatsächlichen Verhältnissen des konkreten Falles zufolge die einem Dritten geleisteten Dienste als selbständiger Unternehmer erbracht werden oder als Arbeitnehmer im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG oder als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG (BGHZ 68, 127/129). Arbeitnehmerähnliche Personen sind nach der Rechtsprechung Selbständige, die sich von Arbeitnehmern durch den Grad ihrer -geringeren- persönlichen Abhängigkeit unterscheiden, die regelmäßig im Verhältnis zum Dienstherrn nicht oder geringer als Arbeitnehmer weisungsgebunden sind, und die häufig nicht oder in geringerem Maße in eine betriebliche Organisation eingegliedert sind (vgl. BAG, Beschl. v. 16.07.1997). An die Stelle der persönlichen Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit tritt bei arbeitnehmerähnlichen Personen das Tatbestandsmerkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit bzw. der wirtschaftlichen Unselbständigkeit und der wirtschaftlich Abhängige muß unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles nach der Verkehrsanschauung seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig sein (BAG, Beschl. v. 16.07.1997 u. NJW 1997, 2404; BGH , Beschl. v. 04.11.1998). Das Landgericht hat „jedenfalls den Kläger zu 1)" zu Unrecht als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne von § 5 ArbGG angesehen, wobei allein auf eine starke wirtschaftliche Abhängigkeit der Kläger von den Beklagten abgestellt und der Frage nach der sozialen Schutzbedürftigkeit nicht nähergetreten wurde. Gerade an der sozialen Schutzbedürftigkeit aber fehlt es im streitgegenständlichen Fall. ... Der Senat vermag nicht die Ansicht der Kläger zu teilen, ihre soziale Schutzbedürftigkeit folge allein schon daraus, daß sie als Franchisenehmer im ...(Franchise)-System nur ein minimales Einkommen hätten aufgrund ,,verheerend geringer Umsatzzahlen" erzielen können; denn enttäuschte Gewinnerwartungen mögen die Bestandskraft der vertraglichen Abmachungen zur Überprüfung stellen, taugen aber für sich allein nicht, im Sinne der Rechtswegbestimmung soziale Schutzbedürftigkeit der Kläger zu begründen. Wie in der - zutreffend zum Landgericht erhobenen - Klage anschaulich geschildert wurde, ist der Kläger zu 1) aus Anlaß einer Presseveröffentlichung zum Franchising, in der das ...(Franchise)-System erwähnt wurde, auf die Beklagten zugekommen. Seinen Angaben nach reizte den Kläger zu 1) insbesondere die im Prospekt der Beklagten zu 1) enthaltene ,,Ertragsvorschau". Anhand der dortigen Zahlen und der vom Beklagten zu 2) gegebenen Erläuterungen erwartete sich der Kläger ,,beträchtliche Monatsumsätze" und in deren Folge erheblichen wirtschaftlichen Gewinn. Aus dem Prospekt der Beklagten zu 1) ergibt sich die hohe Spekulativität des Konzeptes, das, obwohl erst seit 1994 auf dem deutschen Markt angeboten, sich schon Anfang 1995 als ,,erfolgreich" beschreibt, aber für seine Expansion um Partner wirbt, denen in einer ,,Ertragsvorschau" beste Erträge anhand fiktiver Zahlen vorgerechnet werden. Die Enttäuschung dieser ,,möglicherweise zu Unrecht" geweckten finanziellen Erwartungen, die den Kläger zu 1) zum Wechsel vom Arbeitnehmer zum Selbständigen bestimmt haben mögen, rechtfertigt nicht, ihm nach dem Scheitern seines selbständigen Engagements einem Arbeitnehmer gleich soziale Schutzbedürftigkeit zuzubilligen. Soziale Schutzbedürftigkeit ähnlich einem Arbeitnehmer meint, daß das Maß der Abhängigkeit nach der Verkehrsanschauung einen solchen Grad erreicht, wie er im allgemeinen nur in einem Arbeitsverhältnis vorkommt, und die geleisteten Dienste nach ihrer sozialen Typik mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar sind (Boemke, JuS 1999, 14/15 m.w.N.). Ohne im einzelnen den streitgegenständlichen Vertrag untersuchen oder allgemein zum Franchising ausführen zu wollen, ist jedenfalls festzuhalten, daß ein Indiz für soziale Schutzbedürftigkeit wäre, wenn die Kläger ihre Dienstleistung in Person und ohne Einsatz von angestellten Mitarbeitern erbringen müßten (BGH , Beschl. v. 04.11.1998), während das ...(Franchise)-Konzept gerade darauf ausgerichtet ist, daß die Kläger als Franchisenehmer möglichst viele Personalreferenten beschäftigen und damit selbst zum Arbeitgeber mit unternehmerischem Spielraum werden. Trotz eigener wirtschaftlicher Abhängigkeit von der Beklagten zu 1) ist damit die Stellung der Kläger nicht mehr mit derjenigen eines Arbeitnehmers vergleichbar.

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